Squarepusher: ein Mann mit Faible für Kirmes.

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Krems - Die Zeit steht still. Zumindest beim Auftritt von Bohren & Der Club of Gore beim Donaufestival in der Minoritenkirche in Krems/Stein. Die Band zählt dabei seit Jahren zur radikalsten ihrer Art.

Dabei ist ihre Kunst ganz einfach. Aus dem ursprünglich in einem norwegischen Kellerloch voller giftiger Schwammerln geborenen Black Metal und Ennio Morricones Surfgitarrenritten auf einem mit Valium ruhiggestellten Pferd reisen die Musiker heute als in Zeitlupe wiedergeborene StrafJazzband durch die auf Notbeleuchtung gedimmten Konzertsäle. Mit Beserlschlagzeug-Gezischel, Bass, bronchitisch-schnaufenden Vibraphonklang-Keyboards und vermeintliches Süßholz raspelndem Saxophon statt elektrischer Streitaxt ziehen Bohren & Der Club of Gore auf aktuelleren Arbeiten wie Dolores oder Beileid einen derart zähen Doom-Jazz-Strudel, dass dagegen der Schwermelancholiker Chet Baker mit seiner Trauer-Power wie die Goombay Dance Band wirkt.

Schade nur, dass Bohren & Der Club of Gore ihre beste, weil abwechslungsreichste Zeit vor bald 20 Jahren hatten. Seither steht die Zeit tatsächlich still. Für das - je nach Gusto - zunehmend auf Treue zu bestimmten Künstlern, Wiederholung oder ein schmales Adressbuch setzende Donaufestival ein symptomatischer Auftritt. Die einst große und heute geschmäcklerisch im eigenen Saft dümpelnde Band lieferte einen Auftritt, den man genau so schon 2006 beim Donaufestival erleben konnte.

Veteranenschau

In der Messehalle konnte man nach Mitternacht und nach dem lustlosen Comeback der britischen 1990er-Gitarrenwaberband Seefeel, dem etwas gar unaufdringlichen Technopop des deutschen Trios The Field und dem absolut unspektakulären Laptopauftritt der Post-Techno-, Post-Dubstep-, Post-Berlin-Mitte-Künstlerin Emika auch noch den Auftritt eines weiteren Veteranen erleben.

Der britische Produzent Thomas Jenkinson alias Squarepusher galt Mitte der 1990er-Jahre neben Aphex Twin als führender Vertreter der " Intelligent Dance Music". Zerhackte Beats, Drum 'n' Bass, lustiges Kirtagsgebimmel und Quietschenten-Gequietsche, vor allem aber elektronisch verfremdete Schnalzbassläufe des trainierten Jazzrockers zeichneten noch 2012 den visuell streng in Schwarz-Weiß gehaltenen Auftritt von Squarepusher aus. Die Pixelwände hinter Jenkinson drehten durch, das Pixelbrett vor seinem Gesicht auch. 

Früher war alles besser. Das sagen die Leute von früher. (Christian Schachinge, DER STANDARD, 5./6.5.2012)