Gespräch rund um das Dasein als "Hidden Champion" (v. li.): Thomas Waidhofer (Erber Group), Michael Schilling (Testfuchs), Konstantin Kandlbauer (Isovolta), Moderatorin Heidi Aichinger (KarrierenStandard), Heinz Boyer und Karl Ennsfellner (IMC FH Krems), Heimo Hammer (Kraftwerk), Margarete Dräger (SBI Produktion techn. Anlagen) und Gerhard Kormann (IMC FH Krems).

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Eine eklektisch zusammengestellte Runde. Vertreter unterschiedlich großer exportstarker österreichischer Unternehmen verschiedener Branchen saßen in der Diskussionsrunde, zu der die IMC FH Krems geladen hatte. Sie alle eint das Phänomen, in der Branche selbst hoch-, großen Teilen der Öffentlichkeit aber eher unbekannt zu sein - und das in Österreich, ihrem Ursprungsland. Nicht selten seit mehreren Generationen familiengeführt und dementsprechend auch mit dem jeweiligen Standort verbunden, gehören diese Unternehmen zu den sehr erfolgreichen des Landes. Neudeutsch werden sie "Hidden Champions" genannt.

Die Größen der vertretenen Unternehmen - Erber Group, Kraftwerk, Testfuchs, SBI Produktion technischer Anlagen, Isovolta - sind unterschiedlich, dennoch sind alle mit Themen des Wachstums und der Internationalisierung befasst. Die am Gesprächstisch virulenten Fragen waren jene nach einem gut funktionierenden Employer-Branding, nach Recruiting, Einstiegs- und Entwicklungsszenarien - auch im Sinne einer internationalen Karriere - sowie der Rolle von Bildungseinrichtungen und deren Beitrag zur Employability.

Kritische Wachstumsphasen

Je nach Lebenszyklus gestalten sich kritische Wachstumsphasen unterschiedlich, sagt Gerhard Kormann, Professor für Exportorientiertes Management an der IMC FH Krems. Unternehmen, die von 50 auf 100 Mitarbeiter wachsen, sind mit anderen Themen befasst als jene, die von 1000 auf 1500 Mitarbeiter wachsen. Das Spannende sei in jedem Fall - und dies auch in der Rolle als Bildungsanbieter -, dass man hier eigene "cases" erstellen und anbieten sollte, die es in anderen Institutionen nicht gebe. Es gehe um andere Herausforderungen. Denn erst wenn man sich für oder gegen Wachstum entscheide, gehe es um die Lösung des Wie. Und das sei in der Größenordnung KMU nichts, was man "über den Kamm geschoren" eins zu eins übernehmen könne. "Eigentlich ist man hier immer einen Schritt hinter der Herausforderung", so Kormann abschließend zur Wachstumslogik kleinerer und mittlerer Unternehmen.

Mundpropaganda ist hilfreich

Mit zunehmender Größe aber wird es schwieriger, entsprechend viele hochqualifizierte Mitarbeiter für das jeweilige Unternehmen zu finden. Im Falle der SBI, so deren kaufmännische Leiterin Margarete Dräger, komme man am häufigsten über Mundpropaganda zu neuen Mitarbeitern und auch Aufträgen. Im Jahr 1999 gegründet, war man zunächst zu viert, inklusive der Geschäftsführung. Mittlerweile sei man auf 45 Mitarbeiter angewachsen - und davon seien 42 Techniker. SBI produziert Plasmaschweißgeräte und bietet in dieser Nische für die Flugzeug-, Auto- und Erdölindustrie an. 70 Prozent der Produkte exportiere man direkt, so Dräger. In diesen Nischen werde man - im besten Sinne - weitergereicht. Am Hauptsitz Hollabrunn wüssten aber, so Dräger, die wenigsten, was genau die SBI mache.

Zwar ist Testfuchs als führendes Unternehmen im Bereich Testsysteme von Luft- und Raumfahrt mit rund 330 Mitarbeitern am Standort Groß-Siegharts größer, allerdings außerhalb des Waldviertels auch nur Branchenkennern bekannt, sagt Michael Schilling, Head of Production & Project Management. Im Familienunternehmen, das in der dritten Generation geführt werde, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Schlüsselpositionen mit Branchenkennern besetzt werden, Herausforderungen gebe es in den Positionen davor. Schilling: "Eine Frage ist, wie wir unsere Lehrplätze mit qualifizierten Leuten besetzen können, die das Programm durchhalten." Wie alle anderen Diskutanten nähere man sich dem Nachwuchs - in der Breite - meist über Jobmessen an Fach- und anderen Hochschulen an.

Mit der Größe mitwachsen

In der Nische kenne man einander, so der Tenor, spreche auch - als Experten - dieselbe Sprache. Etwas anders stellt sich das bei einer Größenordnung ab 1000 Mitarbeitern an mehreren Standorten dar. Die Isovolta Group etwa beschäftigt an 18 Standorten weltweit - rund die Hälfte davon sind produzierend - 1900 Mitarbeiter, so Konstantin Kandlbauer, Area Sales Manager. Bis zu einem Drittel der Mitarbeiter hat betriebswirtschaftlichen Hintergrund, sagt er. Dieser Anteil nehme aber zu. Als einen der Gründe dafür nennt Kandlbauer die Verbreitung der neuesten Produktinnovation - abseits der ursprünglichen Kernkompetenz im Bereich der Elektroisolierstoffe - der Lautsprecherlaminate, die durch den Boom der Smartphones ein "riesiges neues Feld eröffnet haben".

Nicht zuletzt durch die fortschreitende Internationalisierung auch durch Wachstum bieten sich, so Kandlbauer weiter, sehr interessante Karriereperspektiven, nicht nur für Techniker, wo man weitgehend bekannt sei, sondern auch für Betriebswirte. Anders als bei Konzernen, wo Karrierepfade meist linear verlaufen, gebe es in kleineren und mittleren Unternehmen gute Möglichkeiten, "relativ große Sprünge in kurzer Zeit" zu machen, so Kandlbauer. Wobei Entwicklungsmöglichkeiten sehr individuell gestaltet werden können, sagt er.

Die Erber Group, so Finanzvorstand Thomas Waidhofer, habe sich über die letzten zwölf Jahre exponentiell vergrößert. Nicht nur habe man die Exporttätigkeit verzehnfacht und sei heute in über 32 Ländern präsent - der Experte für Futtermittelzusätze und Vormischungen erwirtschafte mittlerweile 80 Prozent des Gesamtumsatzes über eigene Produktionsunternehmen im Ausland. In den nächsten vier bis fünf Jahren erwarte man ein zusätzliches Mitarbeiterpotenzial von 500 bis 600 Personen, sagt Waidhofer: "Eine enorme Herausforderung, auch für die Personalabteilungen."

Internationalität als gelebte Kultur

Potenzielle Mitarbeiter können sich hier in gefestigte Strukturen begeben, die aber individuell angepasst werden. Internationalität sei auch am Standort Österreich mit Mitarbeitern aus 13 Nationen gelebter Teil der Kultur. Waidhofer spricht neben der Chance auf eine Linienkarriere - auch im Ausland - über den Ausbau von Expertenkarrieren - nicht nur im technischen Bereich, sondern auch (als Beispiel) etwa im Bereich Marketing. Auch das stärke im Sinne eines Employer-Branding die Brand, ist er überzeugt.

Um an entsprechend ausgebildetes Personal zu kommen, das weiteres Wachstum mittragen könne, denke die Erber Group sehr konkret über Kooperationen mit Bildungseinrichtungen nach - auch mit der IMC FH Krems. "Bei wachsender, strukturierter Größe und Organisation steigt der Bedarf an Mitarbeitern aus anderen Studienbereichen abseits der Technik", sagt er.

Deutlich wurde, dass die Absolventen des IMC FH Krems und im Speziellen des Lehrgangs Exportorientiertes Management mehr als nur fundierte Expertise im z. B. klassischen Vertrieb vorweisen müssen, um die von IMC-FH-Krems-Vizerektor Karl Ennsfellner betonte Employability hochzuhalten. Im Fall der Kommunikationsagentur Kraftwerk sind in Sachen Wachstum, Internationalität, aber vor allem Organisation andere Maßstäbe gefragt. Heimo Hammer, Gründer und Geschäftsführer von Kraftwerk, sagt das so: "Bei uns funktioniert Wachstum andersrum." Die strategische Kommunikation weltweit agierender und wachsender Unternehmen anzuleiten und durchzuführen sei ein Bereich, das eigene Wachstum wiederum anders zu organisieren. Im konkreten Fall über ein weltweites Netzwerk von 32 Personen und einer bestimmten Methode.

Hammer: "Einmal monatlich wird eine Idee in die Runde geschickt. Im Monat seien dies 30, im Jahr 360 Ideen, die evaluiert, bewertet und den Kunden angeboten werden." Anders - und das habe er versucht - funktioniere Wachstum in seinem Feld nicht gut, so Hammer. Ohne offenes System könne er nicht wachsen. "Um nah am Kunden zu sein, muss man nah an Bildungseinrichtungen sein", sagt Kandlbauer abschließend, Mitarbeiter seien der Schlüssel für Innovation, nachhaltiges Wachstum. Und, ergänzt Schilling, die Ausbildung müsse hochwertig bleiben, zu jeder Lebensphase, ergo auch berufsbegleitend, zugänglich sein. Heinz Boyer, IMC-FH-Krems-Geschäftsführer, ließ jedenfalls keinen Zweifel daran, dass man daran denke, die "Achse zwischen Unternehmen, dem IMC FH Krems und den Studierenden sowie Absolventen" weiter zu pflegen und auszubauen. (haa, DER STANDARD, 5./6.5.2012)