Das Aufräumen wird der Telekom nach dem Korruptionsskandal niemand abnehmen.

Grafik: STANDARD
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Wien - Bei der Telekom Austria (TA) bringen sich im Vorfeld der Hauptversammlung am 23. Mai Neo-Aktionäre - und solche, die es noch werden sollen - in Stellung. Beim noch beherrschenden Aktionär ÖIAG (28, 4 Prozent) herrscht hektische Betriebsamkeit, die Suche nach Investoren als Gegengewicht zu der rund um Ronny Pecik versammelten Investorengemeinde läuft auf Hochtouren.

Das Ziel ist offenkundig: Investoren, die im ersten Schritt die Aktienpakete von Peciks Marathon Zwei Beteiligungs Gmbh übernehmen und über so langen Atem und strategisches Interesse verfügen, dass sie im zweiten Schritt auf das ÖIAG-Paket reflektieren. Vor allem für ersteres ist wohl ein ordentlicher Aufschlag zu bieten, denn der Kurs der TA-Aktie ist für einen Verkauf unattraktiv.

Wiewohl nicht mit einem Privatisierungsauftrag der Bundesregierung zum Verkauf des letzten Viertels staatlicher TA-Aktien ausgestattet, mischt auch das Präsidium des ÖIAG-Aufsichtsrats kräftig mit. Internationale Aktivität attestieren Beobachter insbesondere Siegfried Wolf (Ex-Magna, derzeit Russian Machines des Oleg Deripaska). Zwecks Herstellung direkter Verbindungen sei er mit ÖIAG-Chef Markus Beyrer jüngst nach Russland gereist.

Heikle Mission

Der Erfolg der Mission dürfte überschaubar sein, denn die ÖIAG hat nicht viel zu bieten, vor allem keine Aktien ihrer Beteiligung Telekom Austria. Wer die Umworbenen sind, darüber wird ebenso geschwiegen wie über die Sondierungsgespräche. Laut Insidern galt das Interesse dem Konglomerat AFK Sistema und dessen Mobilfunkarm Mobile TeleSystems (MTS), also dem russischen Branchenprimus, der zu einem globalen Telekombetreiber aufsteigen will. Zur Erinnerung: Noch unter TA-General Boris Nemsic war eine Kooperation zwischen MTS und TA angestrebt worden, die bis zum Einstieg beim österreichischen Exmonopolisten gehen hätte sollen. Daraus wurde nichts - und Nemsic landete bei Vimpelcom, Erzfeind von MTS.

Vimpelcom wiederum - wie MTS vor Monaten als potenzielle Abnehmerin von Peciks Paket ins Spiel gebracht - gilt als Hausmacht des ägyptischen Telekom-Magnaten Sawiris. Dessen Weather Investments verkaufte 2009 Beteiligungen im Volumen von sechs Milliarden Dollar an Vimpelcom, was den erbitterten Streit mit Vimpelcom-Kernaktionär Telenor anheizte. Telenor gilt ebenfalls als potenzieller Hauptabnehmer des von Marathon gehaltenen TA-Pakets, das - nach zahlreichen Ankündigungen - in den nächsten Tagen wirklich die 25-Prozent-Hürde nehmen soll. Dann dürfte es ungemütlich werden für das in der Kritik stehende TA-Vorstandsduo Hannes Ametsreiter und Hans Tschuden, aber auch für die ÖIAG. Ihnen hat Pecik bereits einen eisernen Besen in Aussicht gestellt. Mehr als 25 Prozent bringen dem Neo-Aktionär im Prinzip nur im Fall eines Übernahmeangebots (das bei einem Kurs von 8,20 Euro nicht teuer käme) echten Mehrwert. Denn laut Übernahmegesetz ruhen in der Hauptversammlung die Stimmrechte für Anteile zwischen 26 und 30 Prozent.

Bräutigam gesucht

Klar zeichnet sich vor diesem Hintergrund nur eines ab: Sawiris, der die TA laut Auskunft von Vertrauensleuten ganz schlucken würde, will die Republik die TA nicht überlassen, Um doch noch einen attraktiven Bräutigam für die krisengeschüttelte TA zu finden, mehren sich in Industriekreisen Stimmen, die 28 Prozent der ÖIAG gleich mitzuverkaufen. Dazu bräuchte es aber die Zustimmung der SPÖ. Denn laut Außenwirtschaftsgesetz ist ein ausländischer Investor zu genehmigen. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; 5./6.5.2012)