Das erste Wiener Bürgerbeteiligungskraftwerk (Bild) ging am Freitag ans Netz. Ein paar Kilometer weiter wurde auch am Biohof Adamah die Sonne gefeiert.

Foto: Regine Hendrich

Wien - Nur zwei Monate nach der offiziellen Präsentation ist das erste Wiener Bürger-Solarkraftwerk in Donaustadt ausfinanziert, montiert und am Netz. 2100 Paneele mit einer Leistung von 500 Kilowattpeak (kWp), die in das Wiener Stromnetz eingespeist werden - und den Strombedarf von rund 200 Wiener Haushalten abdecken. Freitagvormittag wurde das Kraftwerk von den Vizebürgermeisterinnen Renate Brauner (SPÖ) und Maria Vassilakou (Grüne) offiziell in Betrieb genommen.

Dieses Tempo des Errichters und Betreibers Wien Energie kann von anderen Kraftwerksbauherren nur neidvoll zur Kenntnis genommen werden. Freitagvormittag feierte auch der Biohof Adamah vor den Toren Wiens eine neue Fotovoltaikanlage. Auch dieses Kraftwerk wurde mit Bürgerbeteiligung errichtet, es ist bereits das vierte auf dem Biohof, von dem wöchentlich rund 6000 Gemüsekisteln nach Wien und Umgebung geliefert werden.

Ein Jahr für die Genehmigungen

Aber von zwei Monaten bis zur abgesegneten Einspeisung kann der Biohof nur träumen: "Wenn wir einreichen, brauchen wir ein Jahr, bis wir alle Genehmigungen haben", berichtet Rudolf Raymann vom Unternehmen "Raymann - Kraft der Sonne", das den Anlagenbau für den Biohof abwickelt. Der Unterschied: Beim Bürgersolarkraftwerk ist das ganze Unterfangen von Bau, Wartung und Einspeisung in einer Hand - nämlich der Wien Energie.

Beim Biohof ist es ein Privater, der baut und dann einreicht - auch bei der Wien Energie, in deren Versorgungsgebiet der Biohof steht. "Das ist aber keine Spezialität der Wien Energie", sagt Raymann, "die Netzbetreiber machen uns das Leben überall in Österreich schwer.

Platz für Ausbaustufen

Vier Fotovoltaikprojekte hat Adamah-Gründer Gerhard Zoubek bereits verwirklicht - derzeit sind auf den Dächern seines Hofes 600 Quadratmeter Sonnenstrom-Paneele installiert, mit einer Leistung von 85 kWp. Und es gibt noch genug Platz für weitere Ausbaustufen.

Doch schon jetzt kann der Hof an Sonnentagen seinen kompletten Energiebedarf selbst abdecken. Der Vorteil: Im Sommer, wenn der Sonnenertrag am höchsten ist, wird auch die meiste Energie für das Kühlhaus benötigt. Außerdem wurde bereits ein erstes Elektro-Lieferauto angeschafft, mit dem Zoubeks Team im Raum Gänserndorf die Schulen beliefert. In Planung ist ein Verteilzentrum in Wien - von dem aus dann auch in der Stadt die Hauszustellung mit Elektroautos abgewickelt werden könnte.

Eine etwas andere Rendite

Beteiligungsprojekte sind beide - das Solarkraftwerk der Wien Energie und jenes vom Biohof Adamah. Bei den Konditionen der Beteiligung gibt es allerdings auch Unterschiede: Beim Bürgerbeteiligungskraftwerk kann man sich bei bis zu zehn Paneelen zu je 950 Euro beteiligen und bekommt dafür eine jährliche Rendite von 3,1 Prozent (knapp 30 Euro). Nach Ende der Beteiligungslaufzeit von fünf bis 25 Jahren wird das Grundkapital zurückerstattet.

Beim Kraftwerk vom Biohof Adamah können sich die Interessenten mit Sonnenstrom-Bausteinen beteiligen: Für einen Mindest-Investitionsbetrag von 100 Euro werden in Raten zehn Bio-Lebensmittelgutscheine im Wert von insgesamt 150 Euro ausgegeben. Das entspricht über die Laufzeit einer Rendite von 8,14 Prozent, die jährlich an die Inflationsrate angepasst wird. Für höhere Beträge gibt es auch eine andere Form der Beteiligung - mit einer Kapitalrückzahlung und einer Rendite von fünf Prozent, inflationsgesichert.

Wien Energie will bis zum Herbst vier Bürgerbeteiligungskraftwerke in der Stadt errichten. Beim Biohof Adamah kann man sich noch an der vierten Ausbaustufe beteiligen. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 5./6.5.2012)