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Feinstaub erhöht für die Betroffenen das Risiko, an Herz- und Gefäßkrankheiten, aber auch an COPD zu leiden.

Foto: APA/Robert Jäger

Standard: Sie wissen, dass auch Feinstaub zur gefährlichen Lungenkrankheit COPD führen kann. Warum gibt es dafür so wenig Bewusstsein?

Olschewski: Es fängt schon damit an, dass Leute die Buchstaben nicht verstehen und es keine gute Übersetzung dafür gibt. COPD steht für Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Im Deutschen wird es manchmal als Raucherlunge bezeichnet, das ist aber ist nicht gut definiert. Daher hat sich im medizinischen Sprachgebrauch seit den späten 1970er Jahren der Begriff COPD fest etabliert.

Standard: Was passiert bei COPD?

Olschewski: Die Lungenalterung wird beschleunigt und damit die Lungenfunktion eingeschränkt. Manche COPD-Patienten haben mit 60 die Lungenfunktion eines 90-Jährigen. Dadurch unterscheidet sich die Krankheit vom Asthma. Dort können Medikamente die Lungenfunktion normalisieren. Bei der COPD geht das leider nicht.

Standard: Es ist also unheilbar?

Olschewski: Ja, es werden die Lungenbläschen zerstört und durch Luft ersetzt. Man nennt das auch Lungenüberblähung oder Lungenemphysem. Dabei gehen die elastischen Kräfte des Lungengewebes verloren. Die Patienten müssen sich immer aktiv aufblähen, sonst fallen die kleinen Atemwege zusammen und es geht keine Luft mehr durch. Es ist eine qualvolle Krankheit, häufig begleitet von Depressionen und sozialen und ökonomischen Nachteilen. Die Leute sind sehr schnell erschöpft. Linderung gibt es durch wirksame Medikamente, Training, Sauerstoff und, wenn die Atemmuskulatur völlig erschöpft ist, durch Heimbeatmungsgeräte, die zur Nacht benutzt werden. Dadurch erholt sich die Atemmuskulatur nachhaltig.

Standard: Wie wirkt Feinstaub auf COPD-Patienten?

Olschewski: Es ist erstaunlich, wie wenig Daten es da immer noch gibt. Wir wissen etwa, dass Raucher, die einen offenen Kamin betreiben, ein doppelt hohes Risiko haben, an einem Emphysem zu erkranken wie andere Raucher. Holzrauch besteht aus Feinstaub, ebenso übrigens wie Zigarettenrauch. Feinstaub aus jeder Art von Verbrennung scheint gefährlicher zu sein als Feinstaub vom Abrieb etwa der Polstermöbel.

Standard: Also ist das, was aus Auspuffen und Kaminen kommt, gefährlicher als jene Partikel, die durch Autoreifen aufgewirbelt werden?

Olschewski: Wir wissen, dass erhöhte Feinstaubbelastung mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert ist. Dazu gibt es große eindeutige Studien über viele Jahre und an Millionen von Menschen. Solche Studien hat es in den USA und Europa gegeben. Ein Problem ist aber, dass die Feistaubmessstellen nicht zwischen Verbrennungsfeinstaub und Staub, der hochgewirbelt wird, weil etwa der Wind geht, unterscheiden können. Die messen nur, wie viel Feinstaub in der Luft ist.

Standard: Und wenn der EU-Grenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft überschritten ist, gibt es Alarm.

Olschewski: Ja, wir wünschen uns ja alle gute Luft zum Atmen. Aber dazu muss man auch sagen: In einem Raucherhaushalt, selbst wenn nur eine Person raucht, haben sie Werte von 200 bis 600 Mikrogramm und mehr, ganz zu schweigen von den Konzentrationen, die der Raucher direkt aus seiner Zigarette inhaliert.

Standard: Für Österreich gibt es keine Studien zu COPD und Feinstaub?

Olschewski: Meines Wissens nicht. Wir haben zum Rauchverhalten aktuelle Daten: In Europa sind unter COPD-Patienten nur sechs Prozent Nichtraucher. In Österreich sind es 16 Prozent. Das heißt entweder, dass wir mehr Passivraucher haben, weil das Gesetz Nichtraucher nicht ausreichend schützt, oder, dass wir mehr mit Holz heizen. Wir sind eines der holzreichsten Länder der Erde.

Standard: Gibt es COPD-Tests?

Olschewski: Es gibt einen kleinen Lungenfunktionstest. Dieser reicht für eine korrekte Diagnose aber noch nicht aus. Es braucht auch eine genaue Befragung, Blutgasanalyse, ein Röntgen und oft ein CT. Die Krankheit beginnt definitionsgemäß erst ab 40. Die Lebenserwartung sinkt dadurch um etwa 15 Jahre.