Rom - Italiens stärkste Koalitionspartei "Volk der Freiheit" (PdL) um den ehemaligen Regierungschef Silvio Berlusconi blickt mit Sorge den Teilkommunalwahlen am Sonntag und Montag entgegen. Erstmals seit der Parteigründung im Jahr 1993 ist nicht mehr Berlusconi als Vorsitzender im Sattel. Die Partei führt seit einigen Monaten der 41-jährige Ex-Justizminister Angelino Alfano. Die Mitte-Rechts-Gruppierung befürchtet, dass sie ohne das Charisma des TV-Königs bei den Wahlen in 1065 Gemeinden stark an Stimmen einbüßen könnte. Auch der Bruch der seit zehn Jahren bestehenden Wahlallianz mit der rechtspopulistischen Partei Lega Nord, die seit über zehn Jahren bestand, setzt die Berlusconi-Gruppierung unter Druck.

"Wir hegen keine großen Erwartungen. Nach dem Bruch der Allianz mit der Lega Nord haben wir die Sicherheit auf Wahlerfolg in vielen Städten Norditaliens verloren. Wir rechnen damit, dass wir einen hohen Preis für das Ende der Partnerschaft mit der Lega Nord zahlen werden. Jedenfalls können wir laut Umfragen mit 23 bis 25 Prozent der Stimmen rechnen. Dies bezeugt, dass der PdL nicht nur eine von Berlusconis Persönlichkeit abhängige Partei ist", betonte Ex-Unterrichtsministerin Maria Stella Gelmini, Mitglied des PdL-Gremiums.

Stimmenthaltung

"Wir haben uns stark bemüht, die territoriale Verankerung der Partei zu stärken und haben dabei auf Kandidaten mit Ansehen gesetzt. In einigen Städten haben wir auch Vorwahlen organisiert, bei denen die Bürgermeisterkandidaten bestimmt wurden. Wir haben uns im Wahlkampf stark engagiert und versucht, modernere Formen der Kommunikation mit den Wählern zu entwickeln. Es ist uns wichtig, einen stärkeren Kontakt zu den jüngeren Generationen im Internet aufzubauen. Wir wollen nicht nur mit Plakaten auf den Straßen, sondern auch im Netz stärker präsent sein", sagte Gelmini.

Die Partei will ihren Namen ändern. "Berlusconi ist der Ansicht, dass das Akronym PdL das Herz der Wähler nicht erwärmt, er will zurück zu einem Parteinamen, der den Begriff 'Italia' einschließt", berichtete Gelmini.

Die italienischen Parteien befürchten eine hohe Stimmenthaltung bei den Kommunalwahlen, zu denen mehr als neun Millionen Italiener aufgerufen sind. Die Politikverdrossenheit der von der Wirtschafts- und Schuldenkrise belasteten Italiener könnte viele Wähler von den Urnen fernhalten, meinen politische Beobachter in Rom. Auch eine Reihe von Korruptionsskandalen, die die Traditionsparteien in den vergangenen Monaten beschäftigt haben, setzen diese unter Druck. Die Gruppierungen appellierten am Samstag an die Wahlberechtigten, ihre Stimme abzugeben. (APA, 5.5.2012)