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Leoluca Orlando, ehemaliger Bürgermeister von Palermo, bewarb sich noch einmal für das Amt und konnte mit 47,4 Prozent der Stimmen einen großen Erfolg verbuchen.

Foto: AP/Fuccarini

Es ist eine politische Flurbereinigung mit unabsehbaren Folgen: Die Kommunalwahlen in fast 1000 Gemeinden Italiens haben am Wochenende die erstarrte Parteienlandschaft der Halbinsel gründlich umgepflügt. Silvio Berlusconis Popolo della Libertá schrumpft in vielen Städten zur Kleinpartei, die Fünfsterne-Partei des Komikers Beppe Grillo stieg in zahlreichen Kommunen zur drittstärksten Kraft auf und schaffte in Parma mit 21 Prozent sensationell den Einzug in die Stichwahl für das Bürgermeisteramt. Auch in Genua lag ihr Bewerber noch gut im Rennen.

Die Lega Nord wurde von den Wählern nach dem jüngsten Korruptionsskandal abgestraft. In ihrer Hochburg Monza etwa musste sich der scheidende Bürgermeister Marco Mariani mit 17 Prozent begnügen. Sogar in Umberto Bossis Heimatort Cassano Magnago bezog sie eine Niederlage. Einzige Ausnahme bildet Verona, wo der liberale Lega-Bürgermeister FlavioTosi mit seiner Bürgerliste erwartungsgemäß im Amt bestätigt wurde.

Die Fernsehzuschauer, die am Abend die Auszählung der Stimmen verfolgten, rieben sich die Augen. In der bisher von der Rechten regierten Provinzhauptstadt Parma landete der PDL-Kandidat ebenso weit abgeschlagen wie in Verona, Palermo und Genua. Auch die Linke hatte kaum Grund zum Jubel. In Palermo, wo Leoluca Orlando nach 13-jähriger Pause erneut das Amt des Bürgermeisters anpeilt - er erreichte fast 50 Prozent -, musste sich der Kandidat des Partito Democratico (Fabrizio Ferandelli) mit 17 Prozent begnügen. In Genua wurde PD-Kandidat Marco Doria zur Stichwahl gezwungen. Dagegen führt die Linke in 21 von 26 Provinzhauptstädten, von denen sie bisher nur acht regierte. In 13 sind in zwei Wochen Stichwahlen erforderlich.

Silvio Berlusconi hatte sich am Montag rechtzeitig nach Moskau abgesetzt, um an der Amtseinführung seines Freundes Wladimir Putin teilzunehmen. Das Wahldesaster wollte er nicht kommentieren. Sein ehemaliger Kommunikationsminister Giuliano Ferrara führte das Debakel des Cavaliere auf dessen "fehlende Strategie in Sachen Allianzen" zurück. Das Volk der Freiheit habe bereits "lange vor der Wahl Auflösungserscheinungen gezeigt".

PDL-Parteichef Angelino Alfano wehrte sich gegen eine "voreilige Beerdigung" seiner Partei. Es handle sich um eine Niederlage, nicht aber um eine Katastrophe.

Auch Fini verliert

Zu den Verlierern gehört auch der "Dritte Pol" von Pier Ferdinando Casini und Gianfranco Fini. Der Journalist Gad Lerner sprach von einem drohenden "Kollaps des politischen Systems". Innenministerin Annamaria Cancellieri führte den Erfolg von Grillos Fünfsterne-Partei auf die "Desorientierung der Wähler" zurück. Die Politikverdrossenheit zeigte sich auch in der um sechs Prozent gesunkenen Wahlbeteiligung. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 8.5.2012)