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Der Titel und das Wappen des Fürstentums Monaco (Bild) sind nicht zu erwerben, dafür aber zahlreiche Graf- und Lordschaften.

Foto: APA/dpa/Jens Büttner

Herr G. ist sich sicher: Die Chance sei einzigartig. G. hat recht - auch wenn ich seiner Analyse nicht zustimmen kann. Oder will. Denn G. meint, dass ich bloß neidig sei. Darauf, dass Mario Wagner (vulgo: Adoptivprinz Mario Max Schaumburg-Lippe) geschafft habe, woran ich scheitere. Bis jetzt. Denn nun könne auch ich adelig werden. Nein, ich brauche ihm nicht zu danken.

Ich kenne Herrn G. nicht. Aber sein Mail eröffnete mir, dass ich nur 20 Euro von der Erfüllung meiner Träume entfernt lebe: 20 Euro - und ich bin Graf. Oder Lord. Früher hätte ich dafür Drachen töten, Jungfrauen retten oder Heiden erschlagen müssen. In jüngerer Zeit dann ähnlich Heroisches leisten: Alte Damen bespaßen - und mich adoptieren lassen etwa.

Doch heute gibt es der und den Adel billiger. Das verrät der Newsletter des Schnäppchendienstes "Qype". Das verriet mir Herr G.: Neben supergünstigen French-Manicure-Angeboten, verbilligten Autolackschadenreparatursets, Okkasions-All-You-Can-Eat-Offerten und Bikinizonenenthaarungen zum Superpreis gibt es hier Geblüt zu Dumpingpreisen: 19,90 für den "Graf". Inklusive Eintrag ins deutsche Adelsregister. Die Mezzie gäbe es nur kurz: 56 Prozent Rabatt auf Titel & Wappen.

Deutsche Titel teurer

Qype vermittelt zu www.adelstitel-kauf.de. Deutsche, irische und schottische Adelstitel gibt es da: Um 29,95 Euro wird man "Lord of Waterville" - mit diesem Herrschaftsbereich: "Als Lord of Waterville sind Sie der Herrscher über ein kleines Dorf im Süden Irlands." Lieferzeit: Ein bis zwei Werktage. Versandkosten extra.

Deutsche Titel kosten - wenn nicht Qype-Rabattzeit ist - mehr: Ein Graf von Lichtenburg ("Ein Adelstitel, der für Ehrgeiz, Besonnenheit und Stärke steht. Mit diesem Adelstitel werden Sie viel Freude haben. Sie werden merken, wie Ihr Ansehen in der Gesellschaft steigen wird.") oder Mainau ("Der Adelstitel Graf von Mainau steht in enger Verbindung mit der Insel Mainau, die im Bodensee liegt. Die Mainau ist eine wunderschöne Blumeninsel mit mediterranen Pflanzen und einem schönen Schlosspark.") schlägt mit je 44,95 Euro zu Buche.

Die gleiche Summe ist für den Graf von Wartburg ("... ein ganz besonderer Titel, der in Zusammenhang mit blutigen Schlachten und einer schönen Burg steht. Mit diesem Titel sind Sie Teil des modernen Adels.") oder den "Lord of the Black Forest" ("Mit diesem Adelstitel sind sie der Herrscher des Schwarzwalds. Ihr Gebiet erstreckt sich vom Hochrhein im Süden bis zum Kraichgau im Norden.") flüssig zu machen.

Titel mit eigenem Wunsch

Exklusiver ist kaum teurer: "Wunsch Adelstitel" kosten ebenso 49,95 Euro (zuzüglich Versand). Und die Kunden jubeln. "Schnelle Lieferung - Super Service: Alles super schnell gelaufen," steht da. Ein "Graf von Hechemer" schreibt: "Sehr schnelle Lieferung, Fragen per E-mail sehr schnelle Beantwortung, Klasse Service, Erstklassiges Dokument kann man auf jeden Fall weiterempfehlen."

Darum empfahl wohl auch Herr G. weiter: Weniger ob der - zum Lieferumfang gehörenden - "mittelalterliche Deutschlandkarte" und dem "persönliche Wappen mit dem Recht es umzugestalten", denn ob der Antwort auf die fünfte von sieben FAQs der Titel-Seite: "Welchen Vorteil bringt mir ein Adelstitel ein?" - "Sie werden merken, dass ein "Max Graf von Lichtenburg" besser behandelt wird, als ein Max Mustermann. Sie werden öfters zu Partys eingeladen oder erhalten eher eine Reservierung in einem Hotel oder Restaurant, als ein einfacher Bürger mit einfachem Namen. Ein Adelstitel verhilft Ihnen zu einem besseren Leben mit vielen Vorteilen."

Umweg über Künstlername

Daran, schreibt Herr G. an, "zweifle ich nicht. Auch nicht in Österreich." Freilich, ergänzt er, "Deutsche, haben es besser." Denn die dürfen Titel auch im Ausweis führen. Nicht nur, wenn man Mario Max heißt. adelstitel-kauf.de erklärt: "Sie können Ihren Adelstitel, als Künstlername, in Ihren Ausweis eintragen lassen. Dazu müssen Sie der Behörde glaubhaft machen, dass Sie unter diesem Titel in der Öffentlichkeit auftreten. Es wäre von Vorteil, wenn Sie bei der zuständigen Behörde einige Dokumente vorlegen können wie z.B. Visitenkarten mit Ihrem Adelstitel, eine Domain mit Ihrem Adelstitel".

Österreicher haben es - offiziell - weniger lustig: Visitenkarten, Türschilder oder Briefpapier darf man betexten, wie es Spaß macht. Nur den Prinzen im Ausweis spielt es hier nicht. Egal: Denn in der Öffentlichkeit ist ein österreichischer Graf allemal ein Graf. Denn nur wer darauf besteht, so angesprochen zu werden, verstößt gegen Habsburger- und sonstige Adelsabschaffungsgesetze, erklärt mir G. Und in Österreich ist man gegen Spitz-, Ruf-, Künstlernamen und sonstigen Anredetraditionen eben machtlos. Das kann jeder jagende Waffenlobbyist bezeugen.

Erbprinz von Takatukaland

G.s langer Schreibe kurzer Sinn: Ein Vorschlag. G. will sich einen Titel kaufen - und mich adoptieren. Um mir Zutritt zu jenen Kreisen verschaffen, denen ich bisher mit Unverständnis, Unkenntnis und Neid begegnete. Der Unterschied, verspricht G. werd mich überzeugen - und läutern. 

Meinen zukünftigen Titel hat G. schon ausgesucht: "Erbprinz von Takatukaland." (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 7.5.2012)