Wenn Karl-Heinz Grasser am Dienstag erneut im Untersuchungsausschuss erscheint, ist für Häme gesorgt. Seit der Ex-Minister von seinem früheren Kabinettschef belastet wurde, scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Heinrich Traumüller vollzog eine Kehrtwende, nachdem er zuvor Ausschreibung und Verkauf der Bundeswohnungen verteidigt hatte. Konfrontiert mit seinen eigenen Aktenvermerken, deren Vorlage den Zeugen offensichtlich überraschte, räumte er interessante Aspekte ein: Grasser war laut Traumüller über die Angebote der beiden Interessenten für die Buwog, CA Immo und Immofinanz, sehr wohl informiert; und Grasser war es demnach auch, der die zweite Bieterrunde anordnete, bei der die erst unterlegene Immofinanz nach Mithilfe von Peter Hochegger und Walter Meischberger zum Zug kam.

Ganz schön viele Zufälle, meinen nicht nur die Abgeordneten, die in der Causa gute Arbeit verrichteten. Doch für Übermut ist überhaupt kein Anlass. Politisch und erst recht moralisch ist das einstige Idol Grasser ohnehin längst mausetot. Dass seine bisherige Aussagen nun von einem Ex-Vertrauten derart in Zweifel gezogen werden, stellt da nur ein weiteres Mosaiksteinchen im Sittenbild dar.

Wirklich relevant hingegen erscheint die Frage, inwieweit sich die neueren Entwicklungen strafrechtlich auswerten lassen. In dieser Hinsicht steht Grasser weit besser da als auf der politischen Anklagebank. In der Frage lohnt ein Blick auf die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Da geht es einerseits um den Verdacht der Untreue, weil der Ex-Minister mit der Auswahl der (teureren) Investmentbank Lehman Brothers die Republik geschädigt haben soll.

Und da wäre noch die vermutete Geschenkannahme bei der Buwog, weil Grasser bei den Provisionen an Meischberger und Hochegger mitgeschnitten habe. Beim Untreuevorwurf stützt sich die Staatsanwaltschaft vor allem auf Michael Ramprecht, der von einem "abgekarteten Spiel" sprach, bisher aber keine Beweise vorgelegt hat. Dazu kommt, dass Ramprecht ebenso wie Traumüller und Immobilienmakler Ernst Plech die Beteiligung an der Untreue rund um die Auswahl von Lehman angelastet wird - es gilt die Unschuldsvermutung.

Noch schwieriger könnte die strafrechtliche Würdigung des Buwog-Verkaufs werden. Für eine Verurteilung wäre nachzuweisen, dass Gelder von Meischberger oder Hochegger an Grasser weitergeleitet worden wären. Hier fand die Justiz Indizienketten mit süffigen Details über liechtensteinische Konten oder Grassers Geldbotendienste im angeblichen Auftrag der Schwiegermutter. Eine "smoking gun" haben die Ermittler nicht gefunden, oder die Öffentlichkeit weiß nichts davon (was angesichts der medialen Durchlässigkeit der Justiz in dieser Causa eine Überraschung wäre).

Dem Ausschuss ist durchaus zu verdanken, dass Grassers Sumpfblüten noch farbenfroher erscheinen als bisher. Botanik ist im Strafgesetzbuch aber keine Kategorie. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 8.5.2012)