Zwei von vielen sogenannten Upcyclingprodukten: Vasen aus ausrangierten Ampellinsen

Foto: Gabarage

Decke aus Karate-Gürteln

Foto: Gabarage
Der Name Gabarage bedeutet irgendwas zwischen Garage und Garbage. Und Upcycling nennt sich das Schaffen in der vergangene Woche eröffneten Werkstatt im Wiener Freihausviertel. Dabei ist weder von einer Garage noch von Müll eine Spur zu finden. Ein ehemaliges Kloster, später ein Wappenmuseum waren in den bis in die letzte Ritze renovierten Räumen untergebracht, dort, wo jetzt acht ehemalige Drogenabhängige hämmern und sägen, feilen, tapezieren und eben upcyclen.

Was bedeutet, einen prinzipiell schon auf den Müllberg verbannten Gegenstand aufzuwerten, mit Materialien und freilich auch mit Ideen. Und an denen scheint es bei Gabarage nicht zu mangeln. Vasen aus ehemaligen Ampellinsen, Teppiche, regenbogenfarbene Decken und Bezüge aus einer ganzen Kiste voll Karategürteln, Paravents aus unzähligen baumelnden Brillenglasrohlingen, die an die prächtige Formensprache eines Verner Panton erinnern, oder eine weiße Duschkabine aus einem ehemaligen Cola-Container. Fast könnte man von einer Art Fluxus-Design sprechen, das hier ausgebrütet wird und sich in einem Raum zeigt, der klassischen Kunstgalerien sehr ähnlich sieht.

Was die Werkstoffe betrifft, zählt das kreative Team auf Magistrate, Krankenhäuser, Industriebetriebe und die Austria Rohstoffagentur ARA, die ebenfalls zu den Lieferanten gehört. "Der Materialwert", so der Architekt und Projektassistent Carsten Leonhardi sollte wenn möglich gleich null sein.

Workshops mit heimischen Designern, die bis zu einer Woche dauern, helfen bei der Ideenfindung. Handwerkliches Geschick erlernten die acht Gestalter mehrheitlich in Lehrausbildungen zum Maurer, Fliesenleger oder Tischler.

Das Projekt, das vom Anton-Proksch-Institut, einem Behandlungszentrum für Abhängige, und der Künstlergruppe Wochenklausur realisiert und von einem EU-Projekt sowie dem Arbeitsmarktservice und anderen finanziert wird, bietet den Teilnehmern nach erfolgreicher Therapie die Möglichkeit, ihre Fertigkeiten auszuweiten und eine neue Formensprache zu entwickeln. Auch Auftragsarbeiten werden von der Crew angenommen. "Das Schönste", so Projektleiterin Barbara Schandl, "wäre es, ein richtig hippes Produkt rauszubringen, so was in der Art der Freytag-Tasche" - wohl eines der erfolgreichsten und bekanntesten Upcycling-Objekte, das sich mittlerweile in aller Welt sehen lässt.

Gabarage versteht sich als Werkstatt, Geschäft und Galerie, circa 35 Stunden pro Woche wird gearbeitet. Wichtige Nebenerscheinungen des Projekts sind laut Leonhardi, Experimentierfreude zu schüren und natürlich zu motivieren. Hauptziel bleibt es freilich, den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Der 35-jährigen Christine Suchl taugt's bei Gabarage. Sie bezeichnet den Zugang zu den Ideen als positiv chaotisch und spannend. Besonders stolz ist die gelernte Tischlerin auf ihr mit buntem Stoff bezogenes Rundbaukästchen, so ein Ding, wie man es beim Tandler findet. Was sie sich von dem Jahr in der Werkstatt verspricht oder wünscht, wäre ein Job im künstlerischen Bereich, in dem sie mit Menschen zu tun hat und auch handwerklich tätig sein kann.

Befristet ist das Projekt vorerst mit September 2005. Bis dahin kann man dem Team von Gabarage nur wünschen, eine Menge brauchbaren "Müll" geliefert zu bekommen, ebenso wie formensprachliche Geistesblitze. Und natürlich viele Besucher, die bereit sind, gute Objekte aller Art auch abseits durchgestylter Showrooms und Möbelhäuser aller Größen zu entdecken. Michael Hausenblas, DER STANDARD, rondo/20/6/2003)