London - Der Aufbau des Y-Chromosoms, das nur bei
Männern vorkommt, ist im Detail aufgeklärt. Dies berichten
amerikanische und niederländische Wissenschafter im britischen
Fachblatt "Nature". Sie hoffen, mit Hilfe der
gewonnenen Daten unter anderem mehr über Unfruchtbarkeit bei Männern
zu erfahren, da diese häufig genetische Ursachen hat.
Die Wissenschafter um David Page von Massachusetts Institute of
Technology fanden bei der Analyse des Y-Chromosoms eines Mannes, dass
95 Prozent des Geschlechtschromosoms vom Rest des Erbguts isoliert
sind. Es wird nicht mit einem anderen Chromosom ausgetauscht. In
dieser "Männer-spezifischen-Region des Y-Chromosoms" (MSY) fanden die
Experten 78 Gene, die Proteine bilden können. Einige dieser Proteine
werden überall im Körper des Mannes produziert, andere ausschließlich
in den Hoden.
Zurück in der Zeit
Anhand der Sequenzdaten wollen die Wissenschafter auch mehr über
die Entstehungsgeschichte der Geschlechtschromosomen erfahren. Das X-
und das Y-Chromosom entwickelten sich im Verlauf der Evolution aus
normalen Nicht-Geschlechtschromosomen. Genau wie diese tauschten sie
bei der Bildung von Ei- oder Spermienzellen zunächst als
"Partnerchromosomen" ihre genetischen Informationen untereinander
aus.
Vor etwa 300 Millionen Jahren jedoch begann das Y-Chromosom,
diesen Austausch zu unterdrücken. Als Folge dieser Isolation bestand
die Gefahr, dass Mutationen in einem Gen nicht mehr durch ein
gesundes Partner-Gen korrigiert werden können. Die Gene würden dann
nach und nach ihre Funktion verlieren. Um sich davor zu schützen,
tauscht das Y-Chromosom in bestimmten Bereichen permanent
Informationen quasi mit sich selber aus. Es könne so die Gene
funktionsfähig erhalten, berichte David Page und seine Mitarbeiter in
einer zweiten Veröffentlichung ("Nature", S. 873). Da in den
betreffenden Bereichen vor allem Gene der Hoden liegen, bleibt so
auch deren Funktion bewahrt. (APA/dpa)