Vor dem Parlament protestierten die Bürgerbewegungen der "girotondi" um Starregisseur Nanni Moretti, im Parlament kündigte die Opposition bereits eine Verfassungsklage gegen das neue "Skandal-Gesetz" an, das Premier Silvio Berlusconi endgültig die Straffreiheit bringen wird, die Kommunisten wollen das "Rettet-Berlusconi-Gesetz" mit einer Unterschriftensammlung wieder zu Fall bringen.

Selbst gemäßigte Parteien wie etwa die Südtiroler Volkspartei sprachen von einer "Bananen-Republik", in der Gesetze nur gemacht würden, "damit sich der Ministerpräsident seine privaten Gerichtsverfahren vom Hals schaffen kann".

Die Empörung ist groß, in mehreren italienischen Städten gab es Demonstrationen. Laut Umfragen lehnen fast zwei Drittel der Italiener das Gesetz ab. Die Regierungsmehrheit schweigt zu den Protesten. Premier Silvio Berlusconi kann mit dem neuen Immunitätsgesetz, das für die fünf höchsten Staatsvertreter (Staatspräsident, Premier, die Parlamentspräsidenten und den Präsidenten des Verfassungsgerichts) gilt, tatsächlich ruhigeren Zeiten entgegensehen. Hält seine Regierung, dann sind alle Prozesse gegen ihn zumindest bis zum Ende der Legislatur im Jahr 2006 ausgesetzt.

Weil aber ein Beisitzender Richter mit Sicherheit mit Beginn nächsten Jahres versetzt wird, muss der Prozess ab 2006 vor einem neuen Senat neu aufgerollt werden. Mit der von Berlusconis Anwälten bereits erprobten Verzögerungstaktik wird der neue Prozess wieder Jahre dauern, die Berlusconi angelasteten Delikte werden also verjähren.

Der Prozess gegen die Mitangeklagten Berlusconis, darunter auch gegen seinen früheren Vertrauensanwalt und heutigen Abgeordneten Cesare Previti, geht unterdessen weiter. Allerdings haben die Anwälte Berlusconis, die allesamt auch als Forza-Italia-Abgeordnete im Parlament sitzen, bereits laut über ein neues Gesetz nachgedacht: Nachdem der Premier von den Gerichtsproblemen befreit wurde, müsse das Parlament jetzt auch alle Parlamentarier vor gerichtlicher Verfolgung schützen - Immunität auch für Previti.

Ciampi unterschreibt

Teile der Opposition forderten Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi auf, das umstrittene Immunitätsgesetz nicht zu unterzeichnen, aus dem Quirinalspalast wurden aber unmissverständliche Signale ausgesandt, dass das Staatsoberhaupt während des beginnenden italienischen EU-Ratsvorsitzes keinerlei gerichtliche Polemiken um Premier Berlusconi haben will. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.6.2003)