Das Phänomen der Verschränkung ist seit Jahren Grundlage für physikalische Grundlagen-Experimente und teilweise auch schon Anwendungen, so im Bereich der Quantenkryptographie. Zwei verschränkte Photonen werden gleichzeitig in einer Quelle - etwa einem Laser - erzeugt, sie bleiben auch über große Distanzen mit einander verbunden. Manipuliert man beispielsweise eines der Teilchen, so beeinflusst man augenblicklich auch das Geschwisterteilchen.
Teleportationsversuche denkbar
Zeilinger hat die Verschränkung in den vergangenen Jahren immer wieder eingesetzt, um etwa - erfolgreich - Teleportationsversuche anzustellen. Dabei gelang es den Wiener Physikern, einen Quantenzustand - etwa eine bestimmte Polarisation - über ein Hilfsphoton exakt auf ein drittes Lichtteilchen zu übertragen. Erst vor wenigen Wochen veröffentlichten die Wissenschafter in der Zeitschrift "Nature", wie man den Zustand der Verschränkung über längere Distanzen gleichsam auffrischen kann.
500 Meter
Bisher wurden die Experimente allerdings im Labor und mit Lichtleitungen angestellt. Nun ist Zeilinger einen Schritt weiter gegangen. Ein Teil der verschränkten Photonen wurde in Wien vom rechten Donauufer über Teleskope auf eine Strecke von ca. 500 Metern frei durch die Luft über den Fluss auf die Donauinsel geschickt. Die verschränkten Geschwisterchen mussten - ebenfalls ohne jede Leitung - eine kürzere Distanz überwinden.
An beiden Zielpunkten wurden die Teilchen dann auf Detektoren gelenkt, verglichen und: Siehe da, sie waren noch verschränkt. "Der erreichte Austausch von Photonen über große Distanzen eröffnet neue Aussichten in der Grundlagenforschung", sind die Physiker überzeugt. In Glasfasern sind die überbrückbaren Distanzen nämlich beschränkt, nach den erfolgreichen Freiluft-Experimenten könnte man an den Einsatz von Erdsatelliten zur Überbrückung größerer Strecken denken. Bei einer Verbindung mit einem Satelliten müssten die verschränkten Photonen nur wenige Kilometer der dichten Atmosphäre durchdringen.
Das All als Experimentierlabor
Danach, im Vakuum des Weltraums, breiten sich die Teilchen dann ungehindert aus: So könnte praktisch das ganze All als Experimentierlabor verwendet werden. So ließen sich in Zukunft auch fundamentale Fragen untersuchen, die in Laboratorien auf der Erde unbeantwortet bleiben müssen, z. B.: "Gelten die Gesetze der Quantenphysik auch über Distanzen, bei denen Einsteins Relativitätstheorie eine Rolle spielt?"
Bei ihren Freiland-Versuchen trafen die Wiener Wissenschafter auch auf völlig neue Probleme. So störten etwa starker Wind die Übertragung des Signals ebenso wie vorbeifahrende Frachtschiffe oder Lastautos. Das Windproblem lösten die an Hightech gewöhnten Forscher eher auf banale Art und Weise: Sie stellten Kompostcontainer aus Plastik um die empfindlichen Messgeräte.
Die Photonenquelle wurde in Zusammenarbeit mit den Austrian Research Centers (ARC) Seibersdorf Research entwickelt. Sie bestand den ersten Feldversuch mit den eher rauen Bedingungen und soll in einem Quantenkryptographie-Prototyp Verwendung finden.