Deutschland: Rot-grünes Votum für Vorziehen der dritten Steuerreform
Schröder will Entlastung schon 2004 - Kein starker Widerstand Eichels
Redaktion
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Berlin - Das Vorziehen der dritten Steuerreformstufe in
Deutschland um ein Jahr auf 2004 ist offenbar beschlossene Sache. Auf
diese Stoßrichtung hätten sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die
Koalitionsspitzen am gestrigen Donnerstag in einem überraschend
angesetzten Gespräch mit Finanzminister Hans Eichel verständigt, hieß
es aus Koalitionskreisen. Allerdings müsse die Gegenfinanzierung
stehen. Selbst eine höhere Neuverschuldung in kleinerem Umfang solle
in Kauf genommen werden.
Nach "Handelsblatt"-Informationen ist Schröder fest entschlossen,
die eigentlich für 2005 geplanten Steuersenkungen um 18 Milliarden
Euro schon 2004 kommen zu lassen. Die Erwartungen der Bürger seien
bereits groß, zugleich erhoffe man sich positive psychologische
Effekte für die Wirtschaft. Das Blatt berichtete von "heftiger
Gegenwehr" Eichels. AP erfuhr jedoch in Koalitionskreisen, dass von
starkem Widerstand Eichels nicht wirklich die Rede sein könne. Er sei
in Sorge, dass die Gegenfinanzierung wegen Widerstandes der Union nur
ungenügend sei und die Ausweitung der Neuverschuldung extrem
ausfallen könne.
Subventionsabbau
Der Koalition gehe es jetzt darum, die Einnahmeausfälle "so weit
wie möglich durch Einsparungen und Subventionsabbau auszugleichen",
schrieb das "Handelsblatt". Von den 18 Milliarden Euro würden rund
acht Milliarden auf den Bund und der Rest auf Länder und Gemeinden
entfallen. Verbleibende Deckungslücken sollten durch eine höhere
Neuverschuldung und Selbstfinanzierungseffekte der Steuerentlastung
ausgeglichen werden, also durch eine Belebung von Konjunktur und
Konsum.
Wahrscheinlich fällt die Vorentscheidung über das Vorziehen der
dritten Steuerreformstufe schon vor der Kabinettsklausur, die am
letzten Juni-Wochenende stattfinden soll. Der Bundeshaushalt 2004 ist
beinahe fertig. Die ursprünglich als Haushaltsklausur angekündigte
Beratung des Kabinetts "wird sich nicht mit dem Etat befassen", gab
das Finanzministerium überraschend bekannt. Dies sei nicht mehr
nötig, da das Ministerium den Etat für das nächste Jahr "schon in der
kommenden Woche fertig gestellt haben wird". Die
Kabinettsentscheidung stehe am 2. Juli an. Nur bei Einsparungen über
15 Milliarden Euro schafft Eichel sein Vorhaben, 2004 einen
verfassungskonformen Haushalt aufzustellen, bei dem die Investitionen
höher sind als die Neuverschuldung. (APA/AP)
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