Wien - Am Anfang ist Mord. David Greig erzählt in Yellow Moon von einer Welt, in der Geschichten nur mit Mord beginnen können: britischer White Trash zwischen Suff und zu Gewohnheit gewordener Brutalität. Hier ermordet Lee den Freund seiner Mutter. Er flüchtet in die Highlands, begleitet von Leila, dem "braven Mädchen", das nie spricht und sich selbst die Haut blutig schneidet. Lee sucht seinen Vater; was er und Leila finden, ist der versoffene Wildhüter Frank.

Peter Raffalt zeigt die Flucht der beiden im Vestibül wie ein Road-Movie, untermalt von Live-Musik (Matthias Jakisic), manchmal mit Gesang: Die Ballade von Leila und Lee, wie es im Untertitel heißt. Die Erwachsenen sind mit den Burgschauspielern Petra Morzé und Dirk Nocker besetzt. Die Junge-Burg-Darsteller Sophie-Christine Behnke und Tino Hillebrand sind Leila und Lee.

Alle vier übernehmen ihre Rollen nur gelegentlich. Sie zeigen nämlich nicht nur, wie die Figuren in ihren kaputten, verspielten Leben eine Familie finden, Hoffnung und Liebe. Sie zeigen vor allem, was jedes noch so verdreckte Leben birgt wie einen Schatz: eine Geschichte. Im nackten Vestibül, ohne Bühnenbild oder Requisite, erzählen sie dem Publikum, als wäre es ein alter Freund, was passiert ist - oder hätte passieren können: "Stellt euch vor!" Sie malen Bilder von den Figuren in die Luft, vom dunklen Wald und dem gelben Mond darüber, vom blutigen Herz einer toten Hirschkuh. Petra Morzé und Dirk Nocker geben souverän den Hintergrund für die beiden Hauptfiguren. Nocker laut, latent aggressiv, ohne die verletzlichen Seiten seiner Figuren zu vergessen. Petra Morzé führt mit sicherem Auftritt durch die Geschichte. Tino Hillebrand, ein vollendeter Halbstarker: die Hände in die Jackentasche gestemmt, der ganze Körper immer in Bewegung. Sein Lee ist aus dem Unsicheren heraus angriffig, präpotent rotzig, verletzt und verloren.

Und schließlich Sophie-Christine Behnke, eine echte Entdeckung: Ihre Leila schweigt beredt still. Als Erzählerin aber wirft sie mit strahlender Begeisterung eine ganze Welt auf die schmale Bühne. Das sollte man sich ansehen. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 9.5.2012)