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Im National-Stadion von Bukarest wurde roter Teppich ausgerollt.

Foto: EPA/ROBERT GHEMENT

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Fans aus Bilbao wurden schon am Vortag des Finales bei einer Rundfahrt in Rumäniens Hauptstadt gesichtet.

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Bukarest - Das Objekt der Begierde ist nicht weniger als 15 Kilogramm schwer, 65 Zentimeter hoch, besteht aus Silber und thront auf einem gelben Marmorsockel: Im rein spanischen Finale kämpfen Atlético Madrid und Athletic Bilbao (20.45 Uhr/kabel eins austria, SF zwei, Sky) um die Trophäe für den Sieger der Europa League. Für die Basken wäre es der erste internationale Titel überhaupt, Atlético konnte sich den Pokal bereits 2010 in die Vitrine stellen. Trotzdem sind die "Colchoneros" (Matratzenmacher) gierig auf den Triumph.

Jubiläum für Atlético

"Das ist ein besonderes Spiel, das Ziel eines jeden Fußballers", sagt der ehemalige Deutsche-Bundesliga-Star Diego mit großer Vorfreude in der Stimme, "jeder will Endspiele, Alles-oder-nichts-Partien. Dafür arbeiten wir." Und sein Teamkollege Gabi meint: "Es ist das wichtigste Spiel unserer Karriere. Wir können Geschichte schreiben." Zumal es für Atlético das 100. Spiel im UEFA-Pokal oder der Europa League ist. Den Wettbewerb, den "Kaiser" Franz Beckenbauer einst als "Cup der Verlierer" verspottet hatte.

Auch wenn Madrid seine letzten elf Spiele in Europa gewonnen hat und auf dem Papier leicht favorisiert in die Partie geht, sollten sie die Mannschaft von Marcelo Bielsa nicht unterschätzen. Der argentinische Bilbao-Trainer gilt als besessenes Taktik-Genie und hat mit seiner stets hervorragend eingestellten Mannschaft neben dem FC RB Salzburg (2:2 und 1:0 für Athletic) bereits Manchester United und Schalke 04 aus dem Wettbewerb gekickt.

Pott-Tattoo

"Vor der Saison hätten wir nie geglaubt, dass wir ins Finale kommen. Jetzt müssen wir wieder unseren besten Fußball zeigen", sagt Bilbaos Star-Stürmer Fernando Llorente, "dann haben wir auch eine Chance. Ich glaube, es wird ein großer Tag." Sollte er am späten Mittwochabend wirklich den Pokal in den Nachthimmel von Bukarest heben, hat Jung-Nationalspieler Iker Muniain bereits angekündigt: "Gewinnen wir, lasse ich mir den Pott tätowieren."

Der Hunger nach Erfolg ist auch in Bilbao riesig. Zwar gehört der Traditionsverein mit acht Meisterschaften und 24 Pokalsiegen zu den großen Klubs Spaniens und ist neben Real Madrid und dem FC Barcelona als einziges Team nie aus der Primera División abgestiegen. Doch der letzte Titel liegt bereits 28 Jahre zurück.

Chance auf zwei Titel

Unter Javier Clemente holten die "Löwen" 1984 das Double. In den vergangenen Jahren dümpelte Athletic in der Liga meist im Mittelfeld herum oder kämpfte gegen den Abstieg. Doch seit Bielsa im Sommer übernommen hat, ist der Erfolg zurückgekehrt. Am 25. Mai steht Bilbao gegen Barca im Endspiel um die Copa del Rey. "Zwei Finals zu spielen, ist schön", sagt Bielsa, "schöner aber ist es, sie zu gewinnen. Jetzt zu verlieren, wäre sehr traurig."

Diego Simeone hat die Madrilenen seit seiner Amtsübernahme im Dezember aus der Krise geführt. Für seinen Ex-Nationaltrainer Bielsa gestand der 42-Jährige "eine große Bewunderung". Während sich Atletico angeführt von Stürmerstar Radamel Falcao mit elf Europacup-Siegen in Serie ins Endspiel geschossen hat, machte Bilbao mit seinem auf Ballbesitz abzielenden Kombinationsspiel von sich reden. Längst wurden Vergleiche mit dem FC Barcelona gezogen, Bielsa wurde sogar als Kandidat auf die Nachfolge von Barca-Trainer Pep Guardiola gehandelt. "El Loco", wie der Exzentriker genannt wird, bleibt aber im Baskenland - und mit ihm die Spielkultur.

Tradition vs. Retorte

Schenken werden einander die beiden Teams sicherlich nichts. "Die Mannschaften sind ziemlich gleichwertig", meinte Simeone. Während Bilbao den Großteil seiner Stars - allesamt müssen laut Clubtradition baskische Wurzeln haben - selbst ausgebildet hat, ließen sich die Madrilenen ihr Ensemble einiges kosten. 40 Millionen Euro gaben sie im Sommer alleine für Falcao aus, 12 Millionen für Mittelfeldspieler Arda Turan (Galatasaray), sieben Millionen für Abwehrspieler Sílvio (Sporting Braga), fünf Millionen für Mittelfeldakteur Rúben Micael (FC Porto). Mittelfelder Tiago (Juve), Stürmer Adrián (Deportivo) oder auch Spielgestalter Diego (Wolfsburg) kamen ablösefrei. Ingesamt wurden in der Saison 2011/12 nicht weniger als 21 Spieler verpflichtet, allerdings auch 19 abgegeben. In Anbetracht dieser verstärkten Transfertätigkeit drängt sich der Vorwurf "Retortenteam" geradezu auf.

Die Atlético-Fans zweifeln indes nicht daran, dass das Offensiv-Duo Radamel Falcao und Diego sie zum Titel führen wird. Dabei sind die Rollen klar verteilt: Der ehemalige Wolfsburger und Bremer soll die kolumbianische Tormaschine mit Pässen füttern. Bereits im vergangenen Jahr entschied Falcao mit seinem Kopfball-Treffer das Finale gegen Sporting Braga für seinen Ex-Klub FC Porto. "Es wird schwer, weil sich beide Mannschaften gut kennen", sagt Diego, "aber ich werde alles versuchen, um den Fans, die immer hinter mir standen, etwas zurückzugeben." Die Statistik spricht für sein Team: Atlético steht nach insgesamt 150 Duellen mit Bilbao bei 64 Siegen, Athletic durfte sich bislang über 59 Erfolge freuen.

Wer auch immer die Trophäe in den Himmel halten wird, behalten darf er sie nicht. Nach einem knappen Jahr muss der Klub sie der UEFA zurückgeben. Als Trostpflaster erhält man eine Nachbildung, die vier Fünftel der Originalgröße des Pokals nicht überschreiten darf und nur 2.000 Euro kostet.

Österreichs Beitrag

Nach insgesamt 202 Spielen wird der zweitwichtigste Europacup-Bewerb in Bukarest auf österreichischem Rasen entschieden. Die Spielfläche in der neuen, 55.600 Zuschauer fassenden Arena Nationala kommt wie jene in den ukrainischen EM-Stadien Kiew, Charkiw, Donezk und Lwiw von der niederösterreichischen Firma Richter Rasen. (sid/APA/red, derStandard.at, 8.5.2012)

Mögliche Aufstellungen:

Madrid: Courtois - Juanfran, Miranda, Godin, Filipe - Suarez, Gabi - Adrian, Diego, Turan - Falcao. - Trainer: Simeone

Bilbao: Iraizoz - Iraola, Javi Martinez, Amorebieta, Aurtenetxe - Ander, Iturraspe, de Marcos - Susaeta, Llorente, Muniain. - Trainer: Bielsa

Schiedsrichter: Wolfgang Stark (GER)