Wien - Die Meinl Bank liegt mit der Staatsanwaltschaft Wien seit geraumer Zeit wegen der Bestellung eines Gutachters im Strafverfahren gegen Julius Meinl und Co. im Clinch. Auf der Zivilrechtsebene tobte ein ähnliches Ringen, das nun beigelegt wurde. Die Anleger und das Geldhaus haben sich auf einen neuen Sachverständigen geeinigt, nachdem der alte im Jänner wegen Befangenheit abberufen worden war.

Die Meinl Bank hatte einen entsprechenden Ablehnungsantrag eingebracht. Am Donnerstag findet eine sechsstündige Verhandlung am Handelsgericht (HG) Wien statt, bei der der Gutachter formal bestellt werden dürfte.

Zivilrechtliche Haftung zu prüfen

Aus Sicht von Anlegeranwalt Michael Poduschka braucht die neue Expertise gar nicht so umfangreich zu sein wie ein Gutachten im Strafverfahren, da im Anlegerverfahren lediglich die zivilrechtliche Haftung der Meinl Bank geklärt werden müsse. "Um zivilrechtlich zu haften, muss man nur fahrlässig handeln", so der Advokat.

Poduschka vertritt zahlreiche Anleger, die mit Papieren der früheren Meinl European Land (MEL) Geld verloren haben und sich ihr Investment nun via Klage bei der Meinl Bank zurückholen wollen. In der aktuellen "Mini-Sammelklage" werfen sechs Anleger der Meinl Bank vor, durch die MEL-Werbung in die Irre geführt worden zu sein, so Poduschka. Ein altbekannter Vorwurf; die Meinl Bank wurde dafür schon mehrere Male höchstgerichtlich verurteilt. 

"Gefakte Kursverläufe"

Weiters sehen sich die Kläger - drei von ihnen haben ihre Papiere direkt bei der Meinl Bank gekauft - durch angeblich falsche Ad-hoc-Meldungen sowie durch "gefakte Kursverläufe", die infolge verheimlichter Rückkäufe entstanden sein sollen, getäuscht. Und: Die Meinl Bank habe mit einer durch Immobilien hinterlegten Aktie geworben, tatsächlich sei aber bereits im Jahr 2006 ein großer Teil der Anlegergelder an die im Einflussbereich der Meinl-Gruppe stehenden Firma Somal A.V.V. auf den Niederländischen Antillen ohne entsprechende Sicherheiten verborgt worden.

Somal habe um dieses Geld Aktien angekauft. "Sämtliche dieser Transaktionen sind über die Meinl Bank gelaufen, die wusste, dass MEL daher bereits 2006 keine Sicherheit mehr bot", behauptet der Anlegervertreter. Die Meinl Bank hatte diese Vorwürfe in der Vergangenheit mehrfach vehement dementiert und betont, stets im Rahmen des geltenden Rechts agiert zu haben.

Name noch nicht genannt

Der neue Gutachter soll nun für Aufklärung sorgen. Bei der Verhandlung am Donnerstag werde das Gericht wohl zuerst die Anleger befragen, dann wird es um die konkreten Fragen gehen, die der neue Gutachter klären soll, so Poduschka. Den Namen des Sachverständigen wollten weder Poduschka noch die Bank nennen.

Die Anwälte der beiden Streitparteien hatten sich sich darauf verständigt, aus einer Gutachterliste drei auszuwählen und diese entsprechend zu reihen. Dies ist geschehen, bestätigte auch die Bank. Ursprünglich hätten 15 MEL-Anleger geklagt, mit den restlichen habe man sich verglichen. (APA, 9.5.2012)