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Die Krisenpolitik gefällt so manchem gar nicht. Doch wieviel Protest verträgt eine Gesellschaft? In Deutschland wird darüber heftig diskutiert.

Foto: APA/Dedert

"Blockupy findet statt!", tönte es dieser Tage selbstbewusst und fast trotzig in Berlin. Mitte Mai - so sah es der Plan vor - wollte man in Frankfurt aufmarschieren, campieren, protestieren. Mitten im Herzen der deutschen Finanzwirtschaft sollte wieder einmal der Unmut über die herrschende EU-Krisenpolitik geäußert werden. Linke Organisationen, Gewerkschafter und Occupy-Gruppen (blockupy) hatten zwischen dem 16. und 19. Mai für zahlreiche Plätze und Straßen im Frankfurter Bankenviertel Mahnwachen, Versammlungen nach spanischem Vorbild und Demonstrationen angemeldet. Auch eine Blockade der Europäischen Zentralbank stand auf dem Programm. Bunt und offen "ob mit Rollstuhl oder Kinderwagen", so stellten die Aktivisten sich die Sache vor. Protestieren wollte man gegen die Sparpolitik der europäischen Regierungen und der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF.

Nach ausführlicher Prüfung verboten

Die Stadt Frankfurt hat mit dem mehrtägigen Event hingegen wenig Freude: Kurzerhand wurde der gesamte Veranstaltungsreigen verboten. Nach ausführlicher Prüfung habe sich die Stadt zu diesem Schritt entschlossen, teilten Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) und Ordnungsdezernent Markus Frank (CDU) vorige Woche mit. Die kommunale Begründung: "Die Gesamtheit der Maßnahmen und die geplanten Aktionen stellten eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar und begründeten damit ein Versammlungsverbot". Das Versammlungsrecht genieße zwar hohen Schutz, dürfe jedoch nicht dazu führen "dass der Schutz der Unversehrtheit der Bürger gefährdet wird."

Probeblockade oder Vorbereitung auf Gewalt

Mitte April hatten die Aktivisten unter anderem schon einmal die Vertretung der EU-Kommission am Pariser Platz in Berlin "zur Probe blockiert". Schlauchboote, Zelte, Schilder und Transparente hatten sie damals mitgebracht. Was für Frankfurts Ordnungshüter Frank nach "regelrechten Trainingscamps zur Vorbereitung gewalttätiger Aktionen" ("Frankfurter Rundschau") aussah, hatten sich die Aktivisten nach eigenen Angaben als Training für Presse und Passanten ausgedacht, damit die sich schon einmal im Vorfeld "vom deeskalierenden Verhalten der Aktionsteilnehmer überzeugen konnten."

Die Freiheit der anderen

Die städtische Regierung konnten die Aktivisten nicht überzeugen. Laut Frank habe die Stadt vor der Entscheidung das Gespräch mit den Veranstaltern gesucht, heißt es in der "Süddeutschen Zeitung". Demnach hätten sich diese auf keine veränderten Rahmenbedingungen für ihre Aktionen eingelassen. Die Behörde habe daraufhin ein Verbot aller Einzelveranstaltungen und der Kundgebung aussprechen müssen. "Wenn 40.000 Demonstranten über vier Tage lang das Stadtleben gezielt lahmlegen wollen und damit bewusst in die Freiheitsrechte anderer Menschen eingreifen, so liegt es auf der Hand, dass eine Stadtregierung dies nicht zulassen kann", erklärte Frank die Entscheidung weiter.

Heftiger Protest

Bei den Nachbarn stieß die Entscheidung heiße Diskussionen an. Zahlreiche Menschen haben ihren Unmut darüber in einer Protestnote im Internet ("Dieses Verbot ist eine offene Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Demonstrationsrechts") kundgetan. Zu den Unterzeichnern zählen neben Politikern und Gewerkschaftern auch Vertreter der Friedensbewegung, Wissenschaftler und Künstler, etwa der Liedermacher Konstantin Wecker."In einer Demokratie lassen sich Proteste nicht verbieten", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Sahra Wagenknecht empört. Ihre Partei "Die Linke", aber auch andere Gruppen gingen bereits juristisch gegen das Verbot vor. "Wir haben zwölf Eilanträge, über die zeitnah entschieden wird", sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts laut deutschen Medienberichten. Eine Entscheidung ist diese Woche noch nicht zu erwarten. (rb, derStandard.at, 9.5.2012)