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In Griechenland vertrauen nach Einschätzung von Theodore Couloumbis von der Denkfabrik ELIAMEP viele darauf, dass die Euro-Zone sie auch bei einer Lockerung der Sparpolitik nicht fallen lassen wird.

Foto: Reuters/Behrakis

Brüssel/Athen - Den Griechen droht bei einer Abkehr vom Sparkurs ein Ausscheiden aus der Euro-Zone. "Wenn Griechenland den Reformkurs beendet, werden keine Tranchen aus den Hilfsprogrammen mehr ausgezahlt", sagte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle am Mittwoch in Brüssel. Deutschland wolle Griechenland in der Eurozone halten, betonte Westerwelle. "Aber ob Griechenland in der Eurozone bleibt, liegt in den Händen Griechenlands", ergänzte er. Das Euro-Mitglied müsse selber wissen, "was es aufs Spiel setzt, wenn es die Vereinbarungen einseitig aufkündigt oder in Frage stellt."

Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ermahnte die griechischen Parteien, sich dem ausgehandelten Sparprogramm nicht zu verweigern. Ansonsten "kommt der Punkt, wo Griechenland seine Chance verspielt hat, das würde dem griechischen Volk sehr weh tun", sagte er. Dann drohe "ein Trauma, eine Katastrophe". Ohne internationale Hilfe ist das Euro-Land Ende Juni zahlungsunfähig.

Kein Entgegenkommen

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte ein Entgegenkommen ab und erteilte einer Lockerung der vereinbarten Reformprogramme eine Absage. "Wir sind uns einig, dass wir uns gerade im Euro-Raum an vereinbarte Programme und Regeln halten müssen, damit der Euro-Raum funktionieren kann", sagte Merkel nach einem Treffen mit dem slowenischen Ministerpräsident Janez Jansa in Berlin.

Auch die deutsche Industrie ermahnte die Griechen, sich der Konsequenzen bewusst zu sein: "Wenn im Euro-Haus ein Stein herausbricht, wird das Ganze instabiler als zuvor", sagte der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel, in Berlin. "Griechenland hat, weil es Mitglied im Euro ist, eine größere Bedeutung, als es ihm aufgrund seiner Größe und Substanz zukommt."

Die Anleger an den Aktienmärkten und am Rentenmarkt reagierten mit Vorsicht auf die unklare Lage, zu der eine weitere Umstrukturierung des spanischen Bankensektors beitrug. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone will damit verhindern, selbst in Geldnot zu kommen und auf Hilfsgelder ihrer Währungspartner zurückgreifen zu müssen.

Um der Gefahr einer Ansteckung zu entgehen, beteuerte Spanien in einer gemeinsamen Erklärung mit Portugal, am Sparkurs festzuhalten. Europa stehe derzeit vor besonderen Herausforderungen, betonten Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho und sein spanischer Kollegen Mariano Rajoy nach einem Gipfeltreffen in Porto.

Keine Fortschritte in Athen

In Athen zeichneten sich keine Fortschritte bei der Regierungsbildung ab, die Voraussetzung dafür ist, dass Gespräche über eine im Juni anstehende Hilfstranche geführt werden können. Der Chef der größten Fraktion im neuen Parlament, der Konservative Antonis Samaras, forderte die Links-Allianz vor Koalitionsgesprächen am Abend auf, zur Besinnung zu kommen. Die Partei lehnt die Sparauflagen der EU und des Internationalen Währungsfonds strikt ab und hat noch bis Freitag Zeit, eine Koalition zusammenzubekommen. Parteichef Alexis Tsipras werde der EU schriftlich mitteilen, dass die mit Konservativen und Sozialdemokraten ausgehandelte Vereinbarung nur noch die Unterstützung von 32 Prozent der Wähler habe und damit für Griechenland nicht mehr bindend sei, hieß es im Umfeld von Tsipras.

Nach der Links-Allianz wird noch die drittstärkste Fraktion, die Sozialdemokraten mit ihrem Chef Evangelos Venizelos noch eine Chance auf Regierungsbildung bekommen. Scheitert auch dieser Versuch, sind in Griechenland binnen drei bis vier Wochen Neuwahlen fällig. Asselborn versuchte, den griechischen Wählern ins Gewissen zu reden. Wenn 80 Prozent der Bürger in Griechenland für einen Verbleib in der Euro-Zone seien, müssten sie auch die entsprechenden Parteien unterstützen, sagte er.

Guter Glaube in Griechenland

In Griechenland vertrauen nach Einschätzung von Theodore Couloumbis von der Denkfabrik ELIAMEP viele darauf, dass die Euro-Zone sie auch bei einer Lockerung der Sparpolitik nicht fallen lassen wird. "Viele hier glauben, Europa kann es sich nicht leisten, Griechenland abrutschen zu lassen - wir müssten nur drohen, aus dem 10. Stock zu springen", sagte er. "Aber ich sage: Passt auf, ihr könntet auf dem Boden aufkommen und in tausend Stücke zerspringen."

Der ehemalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hält ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone unterdessen für unabwendbar. "Wenn ich politische Verantwortung hätte, würde ich mich vorbereiten wollen auf einen Plan B, der darauf hinaus läuft, dass die europäische Währungsunion, dass die Euro-Zone nicht mehr zwingend aus 17 Mitgliedstaaten besteht", sagte er in Brüssel. Die Euro-Länder müssten dafür sorgen, dass andere Staaten nicht angesteckt und in den Krisenstrudel hereingerissen würden. (APA/Reuters, 9.5.2012)