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Ende April gingen in Santiago de Chile zehntausende Studenten auf die Straße, um gegen Studiengebühren zu demonstrieren.

Foto: Reuters/Ivan Alvarad

Der Wasserwerfer aus dem Hause Rosenbauer - dieser hier kommt am Flughafen zum Einsatz.

Foto: Rosenbauer

Auch imposante Einsatzwägen für die Polizei bauen die Österreicher.

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Santiago de Chile/Wien - So ein Wasserwerfer hat es in sich. Bis zu 6000 Liter schießen pro Minute aus seinen Rohren, und das mehr als 50 Meter weit. Das 25 Tonnen schwere Fahrzeug hält jeglichen Wurfgeschossen stand und bietet auch für Molotowcocktails keinen Halt. Glatte Außenwände, fehlende Türgriffe und vergitterte Fenster schützen vor Zugriffen. Primäres Einsatzgebiet sind Demonstrationen und Großveranstaltungen.

Der Spezialist für die imposanten polizeilichen Einsatzwägen ist Rosenbauer. Die deutsche Polizei deckte sich etwa kürzlich mit seinen neuen Modellen ein. In Chile machen sie dem oberösterreichischen Feuerwehrausrüster jedoch nun Ärger und lösen Wellen auf höchster politischer Ebene aus.

Es geht um zehn Wasserwerfer im Wert von fünf Millionen Euro. Die chilenische Regierung orderte sie nach Angaben von Rosenbauer vor rund einem Jahr. Sie sollen der Polizei zur Bekämpfung der Unruhen dienen. Denn die Proteste ge- gen die Politik des rechtsgerichteten Staatschefs Sebastián Piñera schwellen wieder an. Erst im April gingen in der Hauptstadt Santiago de Chile wieder zehntausende Studenten auf die Straße, um überwiegend friedlich gegen die Studiengebühren zu protestieren.

Millionengeschäft als Direktvergabe

Der Haken am Auftrag für Rosenbauer: Das Millionengeschäft wurde ohne die gesetzlich geforderte Ausschreibung eingefädelt, also gleich direkt vergeben.

Seit Tagen protestieren soziale Bewegungen gegen den Deal, auch Abgeordnete wie Rodrigo González üben scharfe Kritik. Sie fordern die Einschaltung des Contraloria, des Rechnungshofes, und ei- ne Annullierung des Vertrags. Offenbar habe die Regierung versucht, den Kauf, mit dem sie sich für Massenkundgebungen rüstet, geheim zu halten, so der Tenor.

Sozialdemokrat González nannte das Ganze in den Zeitungen "El Mostrador" und "El Ciudadano" eine "Nacht-und-Nebel-Aktion". Und er beschuldigte Innenminister Ridrigo Hinzpeter, sich mehr auf Unterdrückung zu verlegen, statt seine Rolle im Bereich der öffentlichen Sicherheit zu erfüllen. Die andauernden Proteste haben der Regierung Piñeras schwer geschadet. In Chile sind für Herbst Kommunalwahlen angesetzt, 2013 sollen die Präsidentenwahlen folgen.

Rosenbauer liefert derzeit vier der bestellten "geschützten Tanklöschfahrzeuge" aus, die übrigen sechs sollen bis Mitte 2013 nachfolgen. Eine Stornierung hält man im Konzern für unrealistisch. Es habe zuvor drei Ausschreibungen gegeben, erläutert Sprecherin Gerda Königstorfer. Alle drei seien jedoch in einem vier Jahre währenden Prozess zurückgezogen worden. Letztlich habe die Regierung, um die Sache zu beschleunigen, ein außerordentliches Budget dafür bereitgestellt. Der Bestbieter zog sich zurück, Rosenbauer kam zum Zug. Insgesamt sei das Ganze eher außergewöhnlich verlaufen, räumt der Familienkonzern ein.

Spuckende Lamas

Als Guanacos werden Wasserwerfer in Chile vom Volksmund bezeichnet, als spuckende Lamas, und sie sind mit Erinnerungen an die einst brutale Diktatur des Landes verknüpft. "Ein unschönes Licht" werfe der Auftrag auf Österreichs Exporteure, sagt die SP-Abgeordnete Petra Bayr.

Rosenbauer stolperte in der Vergangenheit in Deutschland über eine Kartellaffäre: Wegen illegaler Preisabsprachen wurde der Konzern 2011 zu einer Strafe von 10,5 Millionen Euro verurteilt. Rosenbauer visiert heuer einen Rekordauftragsstand von 600 Millionen Euro an und einen Gewinn von 42 Millionen Euro. Südamerika gilt als einer der Hoffnungsmärkte. (Erhard Stackl/Verena Kainrath, DER STANDARD, 10.5.2012)