München - Dass die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam die Studie "Mit Essen spielt man nicht!" exakt an diesem Mittwoch vorstellte, hatte gute Gründe. Denn an diesem Tag gab der Versicherungskonzern Allianz seine Zahlen für das erste Quartal bekannt - und die waren überraschend gut.

Allianz, so der Vorwurf von Oxfam, kann seine gute Performance zu einem gehörigen Stück auch auf Nahrungsmittelspekulation zurückführen. Nach Recherchen der Organisation ist der Versicherer in Deutschland der mit Abstand größte Player, was das Investment in Agrarrohstoffen betrifft. Die Allianz liegt noch vor der Deutschen Bank, die in den letzten Monaten wegen Nahrungsmittelspekulation viel kritisiert wurde und bereits etwas kleinlaut bekanntgegeben hat, die Vorwürfe prüfen zu wollen. Solange werde die Deutsche Bank keine diesbezüglichen Produkte auflegen.

Anziehende Indexfonds

Es sind vor allem Indexfonds in (Agrar-)Rohstoffe, die Spekulanten an die Warenterminbörsen treiben. Auf Agrarrohstoffe entfielen im Juni 2011 ein Viertel der weltweiten Rohstoff-Kapitalanlagen. Sie sind seit 2003 von neun Milliarden auf 99 Milliarden US-Dollar (77 Mrd. Euro) gestiegen (siehe Grafik).

Der Studie zufolge hat die Allianz, insbesondere über ihre Kapitalanlagegesellschaft Pimco, im Vorjahr mehr als 6,2 Milliarden Euro in insgesamt fünf Fonds für landwirtschaftliche Erzeugnisse investiert. Dagegen war die Deutsche Bank mit "nur" knapp 4,6 Milliarden Euro mit dabei. Beide Unternehmen investierten bei weitem stärker in Agrarrohstoffe als andere deutsche Finanzakteure wie die Landesbank Baden-Württemberg, Union Investment, Commerzbank oder Deka. Letztere hat bereits angekündigt, sich aus diesem Geschäft zurückzuziehen. Andere wollen laut Oxfam jetzt erst richtig einsteigen: Münchener Rück oder Bayern LB.

Mehr Hungersnöte

Insbesondere seit einer Untersuchung der Organisation Foodwatch vom Herbst des Vorjahres werden solche Investments scharf kritisiert. Denn Foodwatch belegte den Zusammenhang zwischen Nahrungsmittelspekulation und Hungersnöten in armen Ländern. Während Familien in Industriestaaten lediglich etwa zehn Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben, müssen Familien in armen Ländern oft bis zu 80 Prozent aufbringen. Wenn es da zu starken Ausschlägen bei den Lebensmittelpreisen kommt, können "die in Armut lebenden Menschen die höheren Preise nicht abfangen", erläutert Frank Braßel von Oxfam. Ein Ausstieg aus der Nahrungsmittelspekulation sei notwendig. Außerdem fordert er mehr Transparenz bei den Firmen. Diese sollten in Geschäftsberichten darlegen müssen, in welcher Form und an welchen Märkten sie Termingeschäfte tätigen.

Die Allianz wies in einer Aussendung darauf hin, dass ihre Fonds nicht auf eine Verknappung von Nahrungsmitteln abzielten. Die Produkte, die von Allianz-Kunden gekauft werden können, "fragen keine physischen Nahrungsmittel nach, und deshalb gehen wir davon aus, dass sie nicht die Preise treiben".

Schwacher Ölpreis

Wegen der politischen Unsicherheiten in Griechenland sind die Rohölpreise seit einigen Tagen auf Talfahrt. Auch Gold stand zur Wochenmitte unter Druck und fiel auf seinen tiefsten Stand seit Anfang Jänner. Analysten erklärten dies damit, dass durch die sinkenden Ölpreise und die damit geminderten Inflationsrisiken Gold Preisstützung verliert. (ruz, DER STANDARD, 10.5.2012)