Firefox-Entwickler Mozilla wirft Microsoft vor, mit dem kommenden Betriebssystem Windows 8 zumindest teilweise konkurrierende Webbrowser auszuschließen. Konkret geht es dabei um Windows-8-Computer und Tablets, die auf stromsparende Prozessoren von ARM setzen. Denn diese Geräte mit "Windows RT" unterstützen lediglich Dritthersteller-Anwendungen, die für Microsofts neues Touchscreen-optimiertes Interface "Metro" entwickelt wurden.
Zwar wird es auch einen "Desktop-Modus" geben, hier würden aber nur Microsoft-Programme und auch der Internet Explorer zugelassen. Browser wie der Firefox, Apples Safari oder Googles Chrome würden in ihrer jetzigen Form daher nicht unterstützt.
Exklusivrechte
"Microsoft hat einen Browser, der im Classic-Mode (Desktop-Modus) von Windows für ARM (Windows RT) läuft", sagt Mozilla-Sprecher Asa Dotzler. Das sei ein Vorteil, den kein anderer Hersteller für sich behaupten könne. Weiters behauptet Dotzler, dass Microsofts Metro-Browser "Zugang zu umfassenden Schnittstellen (API) hat, die Drittherstellern von Browsern verwehrt werden.
Google teilt die Sorgen Mozillas. "Wir teilen die Sorgen Mozillas betreffend der Windows 8-Einschränkungen zur Wahlmöglichkeit der User und Innovation", heißt es in einer Stellungnahme des Chrome-Entwicklers.
Wie zu Netscapes Zeiten
Harvey Anderson, Mozillas Anwalt, vergleicht die Situation mit Microsofts Aktionen gegen den Browser-Hersteller Netscape Communications. Mit seinem monopolistischen Verhalten fing sich Microsoft 1998 eine Kartellrechtsklage der US-Regierung ein. "Wir denken, es ist ein gefährlicher Präzedenzfall", sagt Andeson gegenüber dem "Wall Street Journal". ARM-PCs mit Windows 8 könnten sich zu einem großen Markt entwickeln, auf dem der Internet Explorer der einzige Browser ist. "Das würde uns zurück an den Start werfen."
Anwalt Anderson betont, dass Microsoft Pläne einstigen Versprechungen aus dem Jahr 2006 widersprächen, die zu einer Einigung mit der US-Justizbehörde geführt hatten. Zwar ähnle Microsofts Richtlinie zu Windows RT Apples Politik mit dem iPad, doch Microsofts Vergangenheit mit Kartellrechtsklagen mache einen Unterschied.
Schwierige Situation
Thomas Lutz, Unternehmenssprecher von Microsoft Österreich, betont gegenüber dem WebStandard jedoch, dass Windows RT und der Markt für Metro-Apps "offen für alle Hersteller ist". "Jeder kann Apps im Metro-Stil entwickeln, und auch Mozilla ist herzlich dazu eingeladen", so Lutz. Auch Microsoft liefert für Windows 8 eine spezielle Metro-Version des Internet Explorer aus. Wie die Lage unter dem Desktop für Windows RT aussieht, könne Microsoft zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren. Für Anwender von Windows-8-Tablets dürfte die Metro-Oberfläche aber zum Dreh- und Angelpunkt werden.
Die Situation ähnle damit eher dem Markt für Mobile-Betriebssysteme wie iOS (iPhone), Android und Windows Phone. iPhone, Android-Geräte und Windows-Handys werden standardmäßig mit Webbrowsern der Plattform-Betreiber ausgeliefert, die den Plattformmarkt allerdings auch klar dominieren. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 10.5.2012)