Pentamode-Metamaterialien verhalten sich annähernd wie Flüssigkeiten. Ihre erstmalige Herstellung eröffnet neue Möglichkeiten in der Transformationsakustik.

Foto: CFN, KIT

Das stabile Vierbein (hier orange eingefärbt) ist das Grundelement des Pentamode-Metamaterials. Es wird so zu einem dreidimensionalen diamantartigen Kristall angeordnet, dass sich das daraus resultierende Material insgesamt verformen lässt.

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Deutschen Wissenschaftern ist es gelungen, den Prototypen einer völlig neuen Materialklasse zu realisieren. Das sogenannte Pentamode-Metamaterial, eine standfeste kristalline Metaflüssigkeit, wurden mit neuartigen Methoden der Nanostrukturierung hergestellt und verfügt über zuvor in dieser Form unerreichte mechanische Eigenschaften. Haupteinsatzgebiet dieser Metaflüssigkeit ist die Transformationsakustik, auf deren Grundlage künftig akustische Tarnkappen, akustische Prismen oder bislang völlig neue Lautsprecherkonzepte Realität werden könnten. Das Forschungsteam um Martin Wegener am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat ihre Ergebisse in der der Fachzeitschrift "Applied Physics Letters" veröffentlicht.

"Pentamoden" waren zuvor nur ein rein theoretisches Konzept, das 1995 von Graeme Milton und Andrej Cherkaev vorgeschlagen wurde. Das mechanische Verhalten von Materialien wie Gold oder Wasser wird dabei durch Kompressions- und Scherkenngrößen zusammengefasst. So lässt sich beispielsweise Wasser in einem Zylinder kaum zusammenpressen, dieses Verhalten beschreibt die Kompressionskenngröße, aber es lässt sich mit einem Löffel in alle Richtungen umrühren, dieses Verhalten wird durch die Scherkenngrößen charakterisiert.

Mechanische Eigenschaften von Wasser reproduziert

In Fall von Wasser sind die fünf - Penta im Altgriechischen - Scherkenngrößen gleich null, und nur eine Kenngröße, die Kompression, ist von null verschieden. Der Idealzustand eines Pentamode-Metamaterials entspricht den Kenngrößen von Wasser, weshalb das Material auch als Meta-Flüssigkeit bezeichnet wird. Über eine Variation der Kenngrößen ist man theoretisch in der Lage, Material mit allen denkbaren mechanischen Eigenschaften herzustellen.

"Die Realisierung eines Pentamode-Metamaterials ist in etwa so schwierig, als würde man versuchen, ein Gerüst aus Stecknadeln aufzubauen, die sich nur an den Spitzen berühren dürfen", erklärt Muamer Kadic, Erstautor der Veröffentlichung. "Der Karlsruher Prototyp wurde aus einem Polymer gefertigt. Das mechanische Verhalten des Materials wird darüber bestimmt, wie spitz und wie lang die einzelnen Zuckerhüte sind. Wir müssen einerseits in der Lage sein, kleine Zuckerhüte im Nanometerbereich zu konstruieren und im richtigen Winkel zu verbinden, andererseits soll die Gesamtstruktur am Ende möglichst groß sein. Das Material selbst nimmt nur etwas mehr als 1% des Körpervolumens ein, sodass das resultierende Komposit extrem leicht ist."

Herstellung per Laser

"Die Transformationsakustik ist ausschließlich auf Metamaterialien angewiesen, um ähnliche Ergebnisse wie in der Transformationsoptik für den dreidimensionalen Raum zu erzielen. Entsprechend bedeutend ist die erstmalige Herstellung unseres Pentamode-Metamaterials", ergänzt Tiemo Bückmann, Diplomand am Institut für Angewandte Physik, der für die Realisierung der Strukturen des neuen Materials mit Hilfe der Technik des Dip-In‘-Laserschreibens verantwortlich ist. Sie ist eine Weiterentwicklung der Technik des Direkten Laserschreibens durch das Unternehmen Nanoscribe GmbH.

Martin Wegener, Professor am Institut für Angewandte Physik und Koordinator des DFG-Centrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN), entwickelte in den vergangenen Jahren mit seinen Mitarbeitern das Direkte Laserschreiben und etablierte damit die optische Lithografie dreidimensionaler Nanostrukturen. Dieser Technik sind zahlreiche Errungenschaften der Gruppe in der Transformationsoptik zu verdanken, wie die erste dreidimensionale Tarnkappe im Bereich von sichtbarem Licht. (red, derstandard.at, 10.5.2012)