Wien - Superhelden beim TV-Konsum, konzentriert auf ihre Handys blickende Menschen, übergroße Graffiti-Leinwände und vermummte Gestalten: Die Ausstellung "Escape the Golden Cage" im ehem. K&K Telegrafenamt am Wiener Börseplatz bittet von 11. bis 25. Mai zum Konsum von Urban Art. Das von Sarah Musser initiierte Projekt, das nach 2010 zum zweiten Mal in Wien stattfindet, verbindet Galerienflair mit politisch aufgeladener Urban Art. Für sie geht es auch darum, "wie diese Form der Straßen-Kunst in einem Gebäude wahrgenommen wird", so die Kuratorin bei der Presseführung.
Insgesamt zehn Künstler aus Österreich, Deutschland, Holland, Island und den USA versuchen, den goldenen Käfig des institutionellen Ausstellungsrahmen aufzubrechen und gleichzeitig Street Art in einen neuen Kontext zu setzen. So begegnet man einer vermummten Figur mit Baseballschläger im Anschlag oder einem auf dem Boden sitzenden Lesenden, gänzlich in Weiß gehalten: Die Arbeiten von Mark Jenkins entfalten ihre irritierende Wirkung auch in den Räumlichkeiten des alten Telegrafenamtes, während Various & Gould oder der deutsche Künstler Christian Awe mit collagenartigen Arbeiten farbliche Akzente setzen.
Menschen in Superhelden verwandelt
Deutlich politischer dagegen der US-Amerikaner Dan Witz: Die Fotoarbeit "Tony hooded door" zeigt einen bis auf Unterhose und Kapuze nackten Mann hinter Gittern, auf der gegenüberliegenden Wand scheint man in ein Gefängniskellerloch zu blicken. Wien ist für den Künstler ein gutes Pflaster, wie er erklärte: "Es gibt hier noch nicht so viel Street Art, aber die Stadt ist nicht zu steril, nicht zu sauber. Das mag ich." In den kommenden Tagen will er Straßenschilder als Aktionsflächen nutzen.
Nicht Gegenstände, sondern die Passanten stehen im Zentrum des Superhero-Projekts von Abner Preis: Der holländische Künstler hat in den vergangenen Tagen 35 Menschen in Wien in Superhelden verwandelt und fotografiert. Für alte wie junge Menschen eine Gelegenheit, "auszubrechen", wie er erklärte. "Das ist ein allgegenwärtiges Bedürfnis derzeit. Es gibt auch einen Hunger nach Berührungen. Angesichts der visuellen Reizüberflutung geht das Physische teils verloren." Er verstehe sich als Geschichtenerzähler, der gerne auf ein Happy End in der Kunst abzielt. "Es gibt heutzutage schon genug negative Emotionen."
Daneben finden Graffiti-Arbeiten ihren Platz in gefakten Rahmen, fasst eine Collage der Österreicherin Lies Maculan Protestierende und ihre Schilder zum Schnappschuss des Alltags zusammen oder nutzt Dan Witz wiederum klassische Techniken, um Porträts von Menschen mit ihren Handys anzufertigen. Ergänzt wird die bis zum 25. Mai bei freiem Eintritt zu besuchende Ausstellung von einem musikalischen Rahmenprogramm und Podiumsdiskussionen. "Wir wollen die Schau theoretisch begleiten, aber dennoch offen lassen für verschiedene Ansichten", hielt Musser fest. Ab 2013 soll das Projekt im Acht-Monats-Takt im Ausland stattfinden und alle eineinhalb Jahre wieder nach Wien zurückkehren. (APA, 10.5.2012)