Inmitten der turbulenten Ereignisse in Griechenland nach der Wahl und dem drohenden politischen Patt hat die Eurozone die weitere Finanzierung Athens sichergestellt. Am Donnerstag wurde die fällige Tranche von 4,2 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds EFSF überwiesen. Ursprünglich waren zwar 5,2 Milliarden geplant, doch die gekürzte Summe sollte bis Juni reichen. Ab dann werde es keine weiteren Zahlungen geben, ohne dass diese nach einem neuerlichen Besuch die Troika (Kommission, EZB, IWF) empfohlen werde, erklärte EFSF-Chef Klaus Regling.

Nicht uneigennützige Milde

Dass Brüssel trotz des Chaos in Athen vorerst Gnade walten lässt, dürfte nicht ganz uneigennützig sein. Ein Gros des frischen Geldes fließt via Griechenland an die Europäische Zentralbank, die noch im Mai auslaufende hellenische Anleihen hält. Diese hatte die Notenbank einst zur Stabilisierung Griechenlands aufgekauft. Mit der neuen Kredittranche steigt der Anteil der Euroländer-, EZB- und IWF-Kredite auf 70 Prozent der Gesamtverschuldung. Ein Moratorium, eine Staatspleite oder ein Euroaustritt träfe also vor allem die Geberländer.

Am Donnerstag gab die griechische Statistikbehörde Elstat die neuesten Arbeitslosenzahlen bekannt. Sie sind Wasser auf die Mühlen der links- und rechtsextremen Parteien, die Griechenlands Politik seit den Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag blockieren: Auf 21,7 Prozent ist die Zahl der Arbeitslosen gestiegen, erstmals ist die Marke von einer Million Griechen ohne Job durchbrochen. Im Durchschnitt werden seit einem Jahr jeden Tag 922 Arbeitsplätze wegrasiert. So zeigen die Griechen, die ihre Stimmen mehrheitlich Linksradikalen, Faschisten und Rechtspopulisten gegeben haben, wenig Reue: Der Sparplan funktioniert nicht, heißt es.

Suchen nach Gemeinsamkeiten

Damit sind auch die Bemühungen von Evangelos Venizelos nur aussichtsloser geworden. Der Chef der einst starken Regierungspartei Pasok und frühere Finanzminister hat am Donnerstag als letzter Parteiführer den Auftrag zur Suche nach einer Koalitionsmehrheit erhalten. Stabilität, keine Neuwahlen, eine proeuropäische Regierung, die am Euro festhalte, lautet sein Credo. Weder die Sparkursgegner noch die bisher regierende Koalition von Pasok und Nea Dimokratia haben eine Mehrheit.

Venizelos versuchte zunächst den Vorsitzenden der kleinen gemäßigten Partei Demokratische Linke, Fotis Kouvelis, zum Eintritt in eine Mehrparteienregierung überreden, die er sogar selbst anführen könnte. Kouvelis, ein Altkommunist, plädiert für eine "schrittweise Loslösung" von den Kreditvereinbarungen, anders als der radikalere Führer des Linksbündnisses Syriza, Alexis Tsipras. Scheitert auch Venizelos, versucht sich Staatschef Karolos Papoulias mit der Regierungsbildung. Das könne ein bis fünf Tage dauern, heißt es in Athen. (Markus Bernath/Andreas Schnauder, DER STANDARD, 11.5.2012)