Rom - Sizilien fordert einen "Marshallplan" zu Gunsten der nordafrikanischen Länder, aus denen die Flüchtlingsboote in Richtung Süditalien starten. Nur mit massiverer Entwicklungshilfe könne man die Einwanderungsströme stoppen, die in den letzten Wochen Sizilien stark unter Druck setzen, betonte der Präsident des sizilianischen Regionalrats, Salvatore Cuffaro, in einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Il Giornale" (Freitag-Ausgabe).

"Man kann die Flüchtlinge nicht mit Gewalt stoppen. Wir wollen nicht, dass die sizilianischen Küsten zu einem Friedhof werden", sagte Cuffaro. Er forderte umfangreiche Investitionen, um Arbeitsmöglichkeiten und Wohlstand in den nordafrikanischen Ländern zu schaffen. "Die Mittelmeer-Frage sollte zur Priorität des Semesters der italienischen EU-Präsidentschaft werden", sagte Cuffaro, Parteifreund des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi.

Dekret zu Immigrationsgesetzes verabschiedet

Der Ministerrat hatte am Donnerstag ein Dekret zur Umsetzung des im vergangenen Jahr gebilligten Immigrationsgesetzes verabschiedet. Das Dekret sieht vor, dass Marineeinheiten verdächtige Schiffe und Boote schon in internationalen Gewässern anhalten können. Die Finanzpolizei wird die nationalen Gewässer überwachen und Kontrollen durchführen, während die Hafenpolizei für Rettungsaktionen sorgen soll.

Die Verabschiedung des Dekrets ist ein Erfolg für die rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord von Umberto Bossi, die dem Kabinett letzte Woche ein Ultimatum für ihren Verbleib im Regierungsbündnis gestellt hatte. "Entweder die Regierung stoppt die illegale Einwanderung, oder es hat wenig Sinn, im Koalitionsbündnis zu bleiben", hatte Bossi betont. Die Lega Nord fordert die Aussetzung jeglicher Entwicklungshilfe für die Länder, aus denen die Flüchtlingsboote starten. Vor allem Libyen wird von der Lega Nord beschuldigt, die Schlepperbanden zu schützen, die täglich Dutzende von Flüchtlingen nach Süditalien schleusen.

Die Flüchtlingswelle, die seit Wochen Sizilien belastet, nimmt kein Ende. Am Freitag wurde ein Boot mit zirka 70 Immigranten an Bord südlich der Insel Lampedusa gesichtet. Die Küstenwache versuche das Boot zu retten und die Flüchtlinge auf die Insel zu bringen, berichtete das italienische Staatsfernsehen RAI.(APA)