Wien - Gegen Aids bleibt noch viel zu tun: Während international, speziell im südlichen Afrika, die Infektionsraten erstmals deutlich reduziert werden konnten, gibt es in mehreren Ländern Osteuropas und in Zentralasien eine echte Krisensituation, in den westlichen Industriestaaten dürfte der Grad an Sorglosigkeit - was Infektionen betrifft - zunehmen.

Positive Meldungen gab es zum Welt-Aids-Tag 2011 (1. Dezember): Gut ein Fünftel weniger Menschen als noch 1997 hatten sich 2010 mit dem Aidserreger HIV infiziert. Die Zahl neuer Infektionen sei um 21 Prozent auf weltweit 2,67 Millionen gefallen, hieß es im aktuellen Bericht des HIV/Aids-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS). Weltweit leben rund 34 Millionen Menschen mit HIV. 2010 Jahr starben rund 1,8 Millionen Patienten an der Immunschwächekrankheit. Weitere 700.000 Todesopfer konnten durch die Therapie verhindert werden. Vor allem im südlichen Afrika greifen die enormen Anstrengungen von internationalen Geldgebern immer mehr, die zur Verfügung stehenden guten Therapien mehr und mehr Betroffenen zugutekommen zu lassen. Die Behandlung von Infizierten bedeutet auch eine Prävention der Weiterverbreitung des HI-Virus.

HIV-Risikoverhalten

In Österreich wurde hingegen in jüngster Zeit eine bedenkliche Entwicklung registriert: So stieg die Zahl der Neudiagnosen solcher Infektionen im vergangenen Jahr 2011 mit 525 Fällen wieder an. 2010 waren es 487 gewesen. Am Risikoverhalten der Bevölkerung in Sachen Immunschwächekrankheit kann sich damit kaum etwas geändert haben, stellten dazu die Experten des Departments für Virologie der MedUni Wien zu dem Thema fest.

"Es wurden im Jahr 2011 in Österreich 525 Fälle von HIV-Infektionen neu diagnostiziert, das ist deutlich mehr als 2010, aber nur wenig höher als in den Jahren davor. Es scheint, als ob der leichte Rückgang der Neudiagnosen im Jahr 2010 nur eine Zufallsschwankung war und keine wirkliche Änderung der Situation in Österreich stattgefunden hat. Leider sind wir nach wie vor von den niedrigeren Zahlen früherer Jahre weit entfernt, und es scheint, dass das HIV-Risikoverhalten sich nicht verbessert hat", schrieb Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl.

Eine Zunahme im Vergleich zu 2009 und 2010 habe es vor allem in Wien und Kärnten gegeben. Konstant würden 70 Prozent der Neudiagnosen einer HIV-Infektion österreichische Staatsbürger betreffen, zehn bis 15 Prozent Personen aus anderen europäischen Ländern und sechs bis zwölf Prozent Patienten aus Afrika.

Späte Diagnose

Laut der seit Jahren laufenden österreichischen "Kohortenstudie" erhalten derzeit etwa 4.000 Personen antivirale Therapien in klinischen Zentren oder bei niedergelassenen HIV-Experten. Wenn die Patienten einbezogen werden, die bekannt HIV-positiv sind, aber derzeit keine antivirale Therapie erhalten, und angenommen wird, dass 25 Prozent aller HIV-Infizierten bis jetzt noch nicht diagnostiziert sind, käme man derzeit auf rund 8.000 mit HIV/Aids lebende Menschen.

Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass in Österreich derzeit rund 1.700 Menschen an der erworbenen Immunschwäche erkrankt sind. Die Zahl der Patienten, die seit 1983 an Aids verstorben sind, wurde mit Anfang Dezember 2011 mit 1.945 Personen angegeben. Hier hatten Nachforschungen und Überprüfungen mit einem Schlag zu einem deutlichen Anstieg in der Statistik geführt.

Virologin Puchhammer-Stöckl erklärte zu dem Thema: "Ein sehr wichtiger Aspekt für das Eindämmen der HIV-Neuinfektionen ist der Zeitpunkt, wann im Krankheitsverlauf die Erstdiagnose der HIV-Infektion erfolgt. Hier zeigen die Daten, dass leider nur circa 20 Prozent der Patienten in Österreich eine relativ frühe Diagnose erhalten." Bei einem Viertel der neu festgestellten Infektionen war bereits ein sehr fortgeschrittenes Stadium der Immunschwäche erreicht. Dadurch erhöht sich die Gefahr einer Weiterverbreitung. (APA, 11.5.2012)