München - Im milliardenschweren Schadenersatzprozess um die Pleite des Kirch -Konzerns hat die Verlegerin Friede Springer Absprachen mit der beklagten Deutschen Bank verneint. An dem 40-Prozent-Anteil am Springer-Verlag, den Kirch für einen Kredit bei der Bank hinterlegt hatte, habe sie Interesse gehabt und dies der Deutschen Bank mitgeteilt, aber nichts verhandelt oder abgesprochen, sagte die 69-Jährige am Freitag vor dem Oberlandesgericht München, wo Forderungen des untergegangenen Medienimperiums an das Finanzinstitut und dessen Ex-Chef Rolf Breuer verhandelt werden. "Absprachen gab es nicht", sagte die Zeugin. Sie könne sich an viele Einzelheiten nicht mehr erinnern, denn die Vorgänge lägen mehr als zehn Jahre zurück.

Die Kirch-Gruppe hatte im Frühjahr 2002 Insolvenz angemeldet. Die Anwälte des verstorbenen Medienzars Leo Kirch werfen der Deutschen Bank und ihrem damaligen Vorstandssprecher Breuer vor, mit abfälligen Interview-Äußerungen die Pleite ausgelöst zu haben. Sie unterstellen eine Art Verschwörung gegen Kirch - was die Bank bestreitet. Aus ihrer Sicht scheiterte der überschuldete Konzern an unternehmerischen Fehlentscheidungen. In mehreren Verfahren forderte die Kirch-Seite in der Spitze bis zu 3,5 Mrd. Euro Schadenersatz.

"Gutes, freundschaftliches Verhältnis"

Verlegerin Springer berichtete bei ihrem von den Medien mit Spannung erwarteten Auftritt, sie habe mit Leo Kirch ein "gutes, freundschaftliches Verhältnis" gehabt. "Herr Kirch wollte am liebsten seine Anteile an mich verkaufen", sagte die 69-Jährige. "Aber ich hatte nicht so viele Sicherheiten, das konnte keine Bank finanzieren." Im Herbst 2002, einige Monate nach der Kirch-Insolvenz, habe sie gehört, dass das Aktienpaket an einen Sohn des damaligen libyschen Machthabers Muammar Gaddafi verkauft werden solle. "Da bekam ich einen Schreck." Sie sei sofort zu Leo Kirch nach München geflogen, der ihr gesagt habe: "Sie müssen die 40 Prozent kaufen." Auf Kirchs Vermittlung habe sie noch am selben Tag einen Vorstand der HVB getroffen; in einem "ernsten Gespräch" habe sich aber herausgestellt, dass dies nicht finanzierbar sei. Springer sagte, dies sei "ein netter, schöner Tag" gewesen. "So war das oft mit Kirch."

Kirchs verpfändetes Springer-Aktienpaket wurde schließlich im Herbst 2002 versteigert; einziger Bieter war die Deutsche Bank selbst. Springer erwarb anschließend von der Deutschen Bank 10,4 Prozent. Ob es eine Absprache über den Versteigerungstermin oder über den Preis gegeben habe, wisse sie nicht, sagte die Verlegerin. Die Verhandlungen hätten Vertraute von ihr geführt. Sie wisse nicht einmal genau, ob sie die 10,4 Prozent ersteigert oder von der Bank gekauft habe.

"Mit Daten habe ich es es nicht so"

Breuer habe sie damals dank gemeinsamer Arbeit in einer Kulturstiftung oft getroffen, berichtete Springer weiter. Irgendwann habe sie ihm gesagt, dass sie Kirchs Springer-Aktienpaket kaufen wolle. "Das ist ja normal. Ich hänge am Verlag." Wann dieses Gespräch war, könne sie nicht mehr sagen: "Mit Daten habe ich es nicht so."

Vor der Kirch-Pleite habe der Chef der WAZ-Gruppe ihr vorgeschlagen, das Aktienpaket gemeinsam zu kaufen. "Das habe ich glatt abgelehnt", sagte die Verlegerin. "Die WAZ-Gruppe und Springer sind so verschieden, wir passen nicht zusammen." Auf die Frage des Richters, ob das Gespräch vor oder nach dem - im Prozess zentralen - Interview gewesen sei, entgegnete die Zeugin: "Welches Interview?"

Nach fast zehn Jahren Zwist hatten sich beide Seiten am Jahresanfang auf einen Vergleich von gut 800 Mio. Euro geeinigt. Die Deutsche Bank verwarf dies aber. Mitte April wurde nach einigen Monaten Pause das Tauziehen vor Gericht wieder aufgenommen. Friede Springer war bereits im Herbst als Zeugin geladen, ihre Aussage musste allerdings wegen juristischer Auseinandersetzungen verschoben worden. (APA, 11.5.2012)