Wien - ÖGB-Präsident Erich Foglar warnt die Arbeitgeberseite davor, bei der bevorstehenden Metaller-Herbstlohnrunde die Benya-Formel aufzuweichen. Dabei handelt es sich um die Übereinkunft zu einer "produktivitätsorientierten Lohnpolitik", wonach sich die jährlichen Lohnerhöhungen neben der Inflationsrate auch an der Produktivitätserhöhung orientieren sollen. "Die Formel gibt es seit 1972 und ist Grund dafür, dass wir als eines der wenigen Länder in der Eurozone keine Probleme haben", so Foglar im Gespräch mit den "Vorarlberger Nachrichten" (Samstagausgabe).

"Wenn nun die Arbeitgeber glauben, etwas aufgeben zu müssen, worum andere Länder ringen, ist das eine bedenkliche Vorgehensweise", betont Foglar. In diese Richtung gehende Ankündigungen industrienaher Kreise seien "kurzsichtig". Österreich würde dadurch seinen Wettbewerbsvorteil aufgeben und einen volkswirtschaftlichen Nachteil erleiden. Foglar erwartet eine "sehr harte Diskussion".

Berechnungsformel "gehöre Vergangenheit an"

Zuletzt hatte Ulrich Schuh, Chef des industrienahen Forschungsinstituts EcoAustria, Mitte März vorgeschlagen, in künftigen Lohnverhandlungen die sogenannte Kerninflation herauszurechnen. Damit würden die Löhne des einzelnen zwar weniger steigen, die Beschäftigung insgesamt aber profitieren. Als Größenordnung für den Inflationsanteil, der aus den Berechnungen herausgenommen werden sollte, schwebt Schuh etwa ein Fünftel vor.

Die bisherige Berechnungsformel für die Löhne gehöre der Vergangenheit an und könne in Zeiten beharrlich steigender Rohstoff-/Energiepreise nicht mehr angewendet werden, meinte man in dem der Industriellenvereinigung (IV) nahestehenden Institut. Nach der nach dem früheren ÖGB-Präsidenten Anton Benya benannten Formel ist in den Verhandlungen zunächst die Inflationsrate (Verbraucherpreise über 12 Monate) berücksichtigt worden. Zusätzlich wurden die Produktivitätsgewinne zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geteilt.

Foglar fordert im VN-Gespräch auch eine Verbesserung des Sozialstaates: Werden die Leistungen gekürzt oder gestrichen, führe das direkt in die Rezession. Der Sozialstaat sei auch in der Krise Garant dafür gewesen, dass in Österreich nichts Schlimmeres passiert sei.

Um den Sozialstaat zu finanzieren, müssten auch Vermögende "endlich faire Beiträge" leisten. Bisher trügen vermögensbezogene Steuern wenig dazu bei. Das müsse sich ändern. Gleichzeitig brauche es dringend eine Steuerreform zur Entlastung der Arbeitnehmer-Einkommen, faire Löhne und den Abbau der großen Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. (APA, 13.5.2012)