Unter der Überschrift "Willkommen in Österreich" präsentiert die National- bibliothek in Wien noch bis 28. Oktober die schönsten Tourismus- plakate und Urlaubsfotos der letzten 100 Jahre.

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Über Reisebüros und Pauschalreisen in 20 Jahren: Touristik-Chef Martin Bachlechner.

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STANDARD: Der Sommer steht vor der Tür, die Reisekataloge sind längst draußen. Sie können nur hoffen, dass das Angebot den Geschmacksnerv der Urlauber trifft?

Bachlechner: Angesichts dessen, was sich rundherum abspielt, sind wir zufrieden. Jänner, Februar, März und April sind gut gelaufen. Die Vorausbuchungen für Mai und Juni zeigen zusammen ein leichtes Plus, von Juli bis Ende Oktober ist jeder Monat besser.

STANDARD: Kann man auf schwächelnde Nachfrage kurzfristig überhaupt reagieren?

Bachlechner: Durchaus. Wir kommen beispielsweise noch vor dem Sommer mit Last-Minute-Aktionen für Familien.

STANDARD: Griechenland macht weiterhin Angst. Neben der wirtschaftlichen Situation ist jetzt auch noch die politische Lage labil. Sorgen?

Bachlechner: Ich persönlich bin nicht pessimistisch. Die Leute, die per Charter auf die Inseln fliegen, bekommen von der Situation in Athen kaum etwas mit.

STANDARD: Aber die Psychologie ...

Bachlechner: ... spielt beim Endkunden nicht so eine Rolle, glaube ich. Der Urlaub ist ein zu wichtiges Gut, als dass man darauf verzichten möchte.

STANDARD: Griechenland war immer ein wichtiger Markt. Was bedeutet das griechische Drama für das Verkehrsbüro?

Bachlechner: Bei Griechenland sind wir gegenüber dem Vorjahr 20 Prozent im Minus. Wir holen das aber durch verstärktes Wachstum auf anderen Märkten auf, insbesondere in Spanien, der Türkei, und Kroatien, auf tieferem Niveau auch Ägypten. Insgesamt liegen wir drei Prozent über Vorjahr.

STANDARD: Das Verkehrsbüro hat in den letzten zwei Jahren viel Geld in den stationären Vertrieb investiert. Lässt sich das angesichts rasant steigender Buchungszahlen im Internet jemals zurückverdienen?

Bachlechner: Es ist wichtig, schöne Filialen zu haben. Viele Kunden suchen nach wie vor eine Ansprechperson im Reisebüro, sie sollen sich wohlfühlen. Wir sind auch online nicht schlecht unterwegs, haben eine Plattform unter ruefa.at, ein Callcenter, sind Samstag, Sonntag erreichbar. Der eine Vertriebskanal schließt den anderen nicht aus.

STANDARD: Wie ist das Verhältnis stationär zu online?

Bachlechner: 7:93 in etwa. Irgendwann wird der Online-Anteil auf 15 Prozent gehen. Der stationäre Vertrieb wird sich, davon bin ich zutiefst überzeugt, zumindest die nächsten 15, 20 Jahre halten.

STANDARD: Auch wenn die Produkte immer austauschbarer werden?

Bachlechner: Wenn jemand schnell ein Flugticket braucht, wird er das eher online machen, klar. Dennoch buchen viele auch ihren Flug im Reisebüro, Studienreisen und Fernreisen sowieso. Da ist gute Beratung wichtig. Aber auch bei Badereisen ist es so, dass die Reisebüromitarbeiter gute Tipps geben können. Die Leute sagen, ich fahre einmal im Jahr auf Urlaub, da will ich auf Nummer sicher gehen.

STANDARD: Also eine Renaissance der totgesagten Pauschalreise?

Bachlechner: Meiner Meinung nach wurde sie zu Unrecht totgesagt. Die Anbieter haben sich auch angepasst, sind flexibler geworden. So gibt es etwa viel mehr Abflüge als früher. Speziell für Familien sind Pauschalangebote wichtig. Da kann man kalkulieren, wie viel das kostet.

STANDARD: Hat sich das Unglück der Costa Concordia Mitte Jänner in den Buchungszahlen niedergeschlagen?

Bachlechner: Unterm Strich haben wir bei Kreuzfahrten ein Minus von zehn Prozent, wobei in den letzten Wochen eine leichte Belebung eingetreten ist. Die absoluten Schiffsspezialisten lassen sich durch solche Ereignisse nicht abbringen. Andere, die noch nie auf Kreuzfahrt waren, haben dieses Vorhaben möglicherweise um ein Jahr verschoben. Ich glaube, 2013 gibt es da einen großen Nachholbedarf.

STANDARD: Es gibt fast nichts, was die Reiseindustrie nicht schon angeboten hätte. Wo liegen jetzt die Herausforderungen?

Bachlechner: Dass die arabische Welt wieder zur Ruhe kommt, damit die Leute wieder ohne Probleme in diese tollen Länder reisen können.

STANDARD: Wann ist für Sie persönlich Reisen Pflicht, wann Kür?

Bachlechner: Ich liebe den Fernen Osten, bin auch gern auf den griechischen Inseln unterwegs. Das ist Kür. Natürlich gibt es auch Reisen, die eher Pflicht sind, das ist aber der kleinere Teil. Reisen bildet, und ich bin überzeugt, dass Reisende Friedensbotschafter sein können - durch Förderung gegenseitigen Verständnisses. (Günter Strobl, DER STANDARD, 14.5.2012)