Viele Unternehmen investieren namhafte Beträge in speziell auf ihre Bedürfnisse angepasste Software. Meist wird eine andere Firma mit der Erstellung oder Anpassung des Programms beauftragt. Der Auftraggeber aber will den Preis niedrig halten und verzichtet daher nicht selten auf die Rechte am Source Code - zumal er in der Regel sowieso wenig damit anfängt.

Doch besteht immer das Risiko, dass der mit der Programmierung und Wartung beauftragte Geschäftspartner in Konkurs geht. Dann stünde der Auftraggeber womöglich mit einer nur für ihn nutzbaren Software da, die aber nicht mehr weiterentwickelt wird. Die Folge wären umfangreiche Investitionen, lange Wartezeit und aufwändige Umstellungen auf neue Programme.

Hinterlegung des Source Codes bei Spezialisten

Um dieses Risiko zu mildern wird mitunter der Source Code bei einem unabhängigen, vertrauenswürdigen Treuhänder hinterlegt. Eva Sainitzer, Juristin bei Oracle Austria, und Andreas Leupold, Anwalt in München, gingen in ihrem gemeinsamen Vortrag am 6. österreichischen IT-Rechtstag unter anderem auf diese Praxis ein.

Klassische Treuhänder sind Notare. Für den Fall einer Insolvenz oder dass die Software aus anderen Gründen nicht weiterentwickelt wird soll der Notar den Source Code dem ursprünglichen Auftraggeber ausfolgen. Soweit so einfach.

Doch nach Leupolds Einschätzung sind Notare nicht unbedingt die idealen Treuhänder für Source Code. Er empfiehlt auf die Dienste von Treuhändern zurückzugreifen die sich auf Software Escrow spezialisiert haben. Diese Experten können beispielsweise prüfen, ob auch alle erforderlichen Programm- und Dokumentationsteile vorhanden sind.

Source Code oft nutzlos

Walter Jaburek, selbst Jurist, Managementbertater und gerichtlich beeideter Sachverständiger für Software, berichtete von Fehlschlägen in der Praxis. Die Vertragspartner hatten jeweils eine Hinterlegung beim Notar vereinbart und dieser hatte den Datenträger auch pflichtgemäß sorgsam verwahrt. Als aber einmal tatsächlich ein Kuvert entsiegelt werden musste, fand sich nur eine leere Diskette. Ein anderes Mal war zwar eine CD-ROM mit Daten hinterlegt worden. Allein, sie war verschlüsselt.

Er kenne nur einen Fall, in dem die Hinterlegung beim Treuhänder Erfolg zeitigte: Der ursprüngliche Auftraggeber nahm den Source Code und stellte die einschlägig befassten Mitarbeiter des insolventen Software-Lieferanten ein.

Sicherheit ist teuer

Um bei einem Konkurs des Partners eine gute Chance auf Weiterentwicklung der betroffenen Programme zu haben braucht man mehr, als den bloßen Source Code: Gute Dokumentation, passende Werkzeuge zur Übersetzung des Source Codes in Maschinensprache und entsprechend versierte Fachleute. Ratsam ist zudem ein konkreter Plan, wie man diese Teile im Fall des Falles zusammenbringt und eine entsprechende Budgetierung.

Idealer Weise sind schon im Zeitpunkt der Hinterlegung unabhängige Experten mit eingebunden. Sie können den Source Code kompilieren und in einer dem Produktivsystem entsprechenden Testumgebung prüfen, ob das Programm auch so läuft, wie beim Kunden. Je nach Häufigkeit von Updates oder Systemänderungen müssen diese Tests regelmäßig wiederholt werden.

Juristisches Risiko

Dass das nicht billig ist, versteht sich von selbst. Doch der Nutzen einer treuhändischen Hinterlegung ist noch aus einem anderen Grund fragwürdig: Wie in der Diskussion am IT-Rechtstag deutlich wurde, ist unklar, ob der Source Code tatsächlich insolvenzfest ist. Wenn der Masseverwalter den Code schnappt und dem Meistbietenden übereignet, heißt es für den Auftraggeber: Außer Spesen nichts gewesen. (Daniel AJ Sokolov, derStandard.at, 14.05.2012)