"Mundl"-Autor Ernst Hinterberger im Jahr 2005.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Wien – Mit seinen Geschichten und Figuren galt er als Chronist des echten "Weana" und der österreichischen Befindlichkeiten, mit den Serien "Ein echter Wiener geht nicht unter", "Kaisermühlen-Blues" und "Trautmann" schrieb er sich in die Herzen des TV-Publikums. Am Montag ist der Autor Ernst Hinterberger 80-jährig in Lainz verstorben.

Hinterberger habe "die Sprache der Österreicherinnen und Österreicher gesprochen und Themen aufgegriffen, die das Land tatsächlich bewegten", würdigte Kulturministerin Claudia Schmied in einer ersten Reaktion den verstorbenen Autor. "Niemals scheute er den politischen Konflikt als Aufgabe der Literatur. In diesem Sinne war er ein wahrer Volksdichter des 20. Jahrhunderts ohne Schnörkel und ästhetische Verschönerungen. Durch seinen Tod verliert Österreich einen herausragenden Künstler der Alltagssprache", so die Ministerin in einer Aussendung.

Lehre als Elektroinstallateur

Geboren wurde Hinterberger am 17. Oktober 1931 als Sohn eines arbeitslosen Schriftsetzers in Wien, wobei der Vater starb, als Ernst sieben Jahre alt war. Zur Literatur fand Hinterberger über den im Nationalsozialismus verfemten bayerischen Autor Oskar Maria Graf – wie er ein Sohn der Arbeiterklasse -, ohne zunächst selbst zu schreiben. Hinterberger absolvierte eine Lehre als Elektroinstallateur und besuchte die Wiener Polizeischule. Als ihn eine Sehschwäche zwang, den Dienst zu quittieren, arbeitete er als Hilfsarbeiter.

Nach diesem Rückschlag beschäftigte sich Hinterberger mit fernöstlichen Lehren wie dem Taoismus und Buddhismus. Er wurde praktizierender Buddhist und schrieb Gedichte in chinesischem Stil, die zwar in Japan veröffentlicht wurden, aber niemals in deutscher Sprache. 1958 heiratete Hinterberger und versuchte, der Arbeit in der Fabrik zu entrinnen: Er besuchte die Büchereischule der Gemeinde Wien und arbeitete zehn Jahre lang als Büchereileiter in den Volksbildungshäusern Ottakring und Margareten.

Seine literarische Karriere begann dann Mitte der 1960er-Jahre: 1965 und 1966 erschienen seine Romane "Beweisaufnahme" und "Salz der Erde". Es folgten Hörspiele, die 1971 mit dem Förderungspreis der Stadt Wien ausgezeichnet wurden, sowie der mit dem Anton-Wildgans-Preis prämierte Erzählband "Wer fragt nach uns". Nach der Schließung der Büchereien der Wiener Volksbildung 1968 ging Hinterberger als Expeditleiter zurück in die Fabrik, wo er trotz wachsender Bekanntheit als Schriftsteller bis 1991 blieb.

Durchbruch mit "Mundl"

Den großen Durchbruch schaffte Hinterberger mit der auf seinem "Salz der Erde" basierenden Edmund "Mundl" Sackbauer, der als Antiheld in der Fernsehserie "Ein echter Wiener geht nicht unter" in der Interpretation von Karl Merkatz ab 1975 Kultstatus erlangte. Auf die erfolgreiche TV-Serie folgten auch zwei Kinofilme, wobei Hinterberger nur bei Mundls erstem Auftritt auf der großen Leinwand ("Echte Wiener – Die Sackbauer-Saga", 2008) mit an Bord war. Bei der Fortsetzung "Echte Wiener 2 – Die Deppat'n und die Gspritzt'n" schied er zwei Jahre später aus, da es sich dabei nicht mehr um seine Figur handle, wie er damals beschied.

Es gab jedoch auch ein Hinterberger-Leben abseits des Mundl: Mit der TV-Serie "Kaisermühlen-Blues" gelang dem Autor ab 1992 ein weiterer großer Wurf. Eine Figur der kauzigen Stadtteilbewohner, der Kriminalbeamte Trautmann, bekam ab Dezember 2000 als Spin-off sogar seine eigene, ebenfalls erfolgreiche Serie.

Lebenserinnerungen "Ein Abschied"

Neben zahlreichen Fernsehspielen und "Tatort"-Krimis blieb Hinterberger aber stets auch als Buchautor tätig. Nach dem Roman "Das Abbruchhaus" (1977) wechselte er mit "Jogging", "Das fehlende W", "Und über uns die Heldenahnen", "Kleine Blumen", "Zahltag" und "Die dunkle Seite" ins Metier des Kriminalromans. Neun Monate nach dem überraschenden Tod seiner Frau Gerti veröffentlichte Hinterberger im Jahr 2002 seine Lebenserinnerungen. In "Ein Abschied" gestand der müde gewordene Autor, dass er resigniert habe und "im Großen und Ganzen mit der Welt nichts mehr zu tun haben will".

Hinterberger lebte bis zu seinem Tod als Pensionist in seiner Gemeindebauwohnung am Margaretengürtel. Im Laufe seiner Karriere erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1994), das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (1996) sowie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (2003). Außerdem wurde er für die Serie "Trautmann" von der Vereinigung der Bundeskriminalbeamten Österreichs zum "Ehrenkieberer" ernannt. Bei den "Buchlieblingen 2009" erhielt Hinterberger als Erster einen Lifetime-Award, 2010 folgte der Axel-Corti-Preis für sein Lebenswerk. (APA, 14.5.2012)