Wien - Die auffälligen Meldungen kurzzeitiger gesundheitsbedingter Fluguntauglichkeit von AUA-Piloten sind eine haarige Sache - nicht nur für hunderte Passagiere, die am Wochenende nach 24 Flugausfällen umgebucht oder in Hotels untergebracht werden mussten. Nach außen äußerte sich die AUA-Führung konziliant: "Wenn sich Piloten unfit-to-fly melden, dann akzeptieren wir das - alles andere wäre mit unserem Sicherheitsdenken nicht vereinbar", so das Unternehmen. Nach innen gab es am Montag freilich eindringliche Appelle des AUA-Managements an die Belegschaftsvertreter, sie mögen ihre Crews an Bord halten.

Stiller Protest

Die zahlreichen unfit-to-fly-Meldungen vom Freitag an wurden als stiller Protest gewertet, der mit dem umstrittenen Betriebsübergang des AUA-Flugbetriebs auf die billigere Regionaltochter Tyrolean zu tun hat. Bord-Betriebsrat Karl Minhard hat am Sonntagnachmittag von "Unterstellungen" gesprochen, es sei keine Protestaktion. Verwunderlich wäre es aber nicht, wenn sich unter derartigen unsicheren Verhältnissen einige geistig und körperlich nicht in vollständig guter Verfassung fühlten zu fliegen.

Wenn frustrierte Piloten in der Öffentlichkeit kritisch auftreten, dann kann das heikle Folgen haben, wie der harte Durchgriff der heutigen AUA-Schwester Swiss im Juli 2005 zeigte, die kurzerhand Dutzende Piloten suspendierte und zu Sicherheitschecks beorderte. "Swiss verbannt Angestellte nach offenem Brief aus dem Cockpit", titelten Schweizer Zeitungen damals. Oder: "Swiss-Piloten: Ein Fall für den Psychiater?"

Dabei hatten sich die betroffenen Schweizer Piloten noch gar nicht unfit gemeldet. Hintergrund war ein offener Brief von Piloten. In dem warnten sie, wegen ihrer unsicheren beruflichen Zukunft könnte es möglicherweise zu Sicherheitsproblemen kommen. Die Piloten seien durch die anhaltende Diskussion um Jobkürzungen und Tarif-Auseinandersetzungen derart beunruhigt, dass ihre Konzentrationsfähigkeit leide. Der Brief ging auch an die Schweizer Luftsicherheitsbehörde.

Regionalflieger in Basel

Der Konflikt betraf damals vor allem die Regionalflieger am Airport Basel, die Folge waren zahlreiche Flugausfälle. Die ehemaligen Crossair-Piloten fühlten sich bei der Zusammenführung benachteiligt. Die Swiss-Reaktion: Sie suspendierte jene 52 Piloten, die "sich selbst als Sicherheitsrisiko bezeichnet" hätten, kurzfristig vom Dienst, erst nach Checks der Flugtauglichkeit sollten sie wieder fliegen dürfen. Gleichzeitig wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Swiss dementierte damals eine Strafaktion, in der Branche war aber von "Disziplinierung" die Rede.

Wenn Angst um den Job an den Nerven zehrt und Piloten sich deshalb unfit to fly fühlen, müssen sie das ihren Vorgesetzten, Vertrauensleuten und der Flugsicherheit melden, mit dem offenen Brief aber fühlte sich die Swiss - monatelang zuvor mit Streikdrohungen konfrontiert - provoziert.

Nicht alle haben bestanden

Geprüft wurde bei den betroffenen Piloten auf Swiss-Druck Stress- und Frustrationsresistenz, Belastbarkeit, Konzentrationsfähigkeit und die psychische Stabilität. Der Test dauerte pro Pilot einen halben Tag. Sobald einer bestand, durfte er wieder fliegen. Es haben aber bei weitem nicht alle bestanden. Gewerkschafter sahen in den Attesten einen Vorwand, um im damaligen Sanierungsprogramm weitere Piloten loszuwerden.

Bei der AUA herrscht bei den Flugkapitänen Widerstand gegen einen Betriebsübergang auf die billigere Tyrolean, der für die Austrian-Piloten mit bis zu 30-prozentigen Bezüge-Einbußen verbunden sein wird. Eine Verhandlungslösung war gescheitert. Der Betriebsrat hat dessen ungeachtet ein eigenes Verhandlungspapier zur Abstimmung gebracht. Die notariell begleitete Internetabstimmung dauerte bis heute Mittag. Ergebnis: Annähernd hundert Prozent "pro Verhandlungslösung".

In einem gemeinsamen Schreiben mit Datum 8. Mai bekräftigten die Betriebsratskörperschaften AUA-Bord, Tyrolean-Bord und die Gewerkschaft vida "ihren gemeinsamen Willen vom 26. März 2012, im Interesse aller Beschäftigten einen Konzernkollektivvertrag zu entwickeln und bis spätestens 30. November 2012 abzuschließen".

Ziel der Betriebsratskörperschaften sei es, "auch ohne Betriebsübergang möglichst rasch die inhaltliche Ausgestaltung voranzutreiben und in der Folge mit dem Unternehmen und der Wirtschaftskammer Österreich zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen." (APA, 14.5.2012)