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Die Länder haben sie überzeugt, jetzt fehlt nur noch die Zustimmung einer Oppositionspartei: Spindelegger, Faymann.

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Politologe Hubert Sickinger: "Geringfügige Umverteilung."

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Wien - Am Dienstag wurde das lange geplante Transparenzpaket im Ministerrat beschlossen. Somit können nun die gesamten neuen Regelungen zu Parteienförderung, Parteispenden, Lobbying, Korruptionsstrafrecht und Unvereinbarkeit für Abgeordnete im Sommer in Kraft treten, erforderlich ist jedoch eine Verfassungsmehrheit.

Der Korridor für die öffentliche Parteienfinanzierung der Länder wird künftig zwischen zehn und 22 Euro je Wahlberechtigtem liegen und damit im wesentlichen den Status quo abbilden. In Summe dürften sich die Subventionskürzungen also in Grenzen halten. Denn derzeit liegen die Landesförderungen nur in Wien mit rund 23 Euro über diesem Wert.

Kaum Veränderung

Der sogenannte "Korridor" für die maximal zulässige Parteienförderung liegt dem Vernehmen nach jährlich bei fünf bis elf Euro je Stimmbürger - und zwar für jede der drei Gebietskörperschaften (also Bund, Länder und Gemeinden). Während der Bund die Bandbreite nicht ausschöpfen wird, erhalten die Länder de facto einen doppelten Korridor (zweimal fünf bis elf Euro). Sie können an die Landesparteien somit zwischen zehn und 22 Euro ausschütten, wenn diese damit Aufgaben auf Bezirks- und Gemeindeebene finanzieren. Zusätzlich sind Förderungen für Landtagsklubs möglich. "An den Beträgen wird sich nicht viel ändern", hieß es aus den Verhandlungen.

Begründet wird der Korridor damit, dass man die Wiener SPÖ an Bord haben wolle. Wien - gleichzeitig Bundesland und Gemeinde - hat die höchste Parteienförderung. Auch Oberösterreich könnte inklusive Gemeindeförderungen allerdings über die 22 Euro kommen. Der Politologe Hubert Sickinger sieht "eine geringfügige Umverteilung, sonst ändert sich nichts". In Summe passiere auf Länderebene nicht viel, eine drastische Kürzung bleibe aus.

Laut Berechnungen Sickingers flossen dort in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich je 19,4 Euro pro Stimmbürger an die Landesparteien, dazu kommen etwa vier Euro auf Gemeindeebene. In Summe wären das 23,4 Euro für jeden Wahlberechtigten.

Keine Machtverschiebung

Der Bund wird sich bei der künftigen Parteiförderungsregelung am unteren Ende des vereinbarten Korridors ansiedeln. Fünf Euro pro Wahlberechtigtem sollen im Bund ausgeschüttet werden, auch wenn der Korridor bis zu elf Euro ginge.

Die bisherige Förderung im Bund lag bei 3,31 Euro pro Jahr und Wahlberechtigtem. Da aber die Wahlkampfkostenrückerstattung gestrichen wird, kommt man mit den fünf Euro nun in etwa auf denselben Wert wie derzeit, vermutlich liegt er sogar ein wenig darüber.

Bundesförderung steigt

Bei 6,33 Millionen Wahlberechtigten ergibt die neue Untergrenze von fünf Euro pro Stimmbürger eine Gesamtsumme von fast 32 Millionen Euro. Derzeit macht die Parteienförderung des Bundes laut Berechnungen Sickingers 2,41 Euro pro Stimmbürger aus, das sind rund 15,3 Millionen Euro in Summe. Die Parteienförderung wird damit verdoppelt, die Abschaffung der Wahlkampfkostenrückerstattung deutlich überkompensiert. Insgesamt ist die Bundesförderung damit aber immer noch deutlich günstiger als jene der Länder.

Die Wahlkampfkostenrückerstattung machte bisher für Nationalratswahlen rund 14 Millionen Euro aus und für EU-Wahlen zehn Prozent weniger - in Summe also 26,6 Millionen Euro. Ausgeschüttet wurde dieser Betrag, gemessen an der regulären Dauer der Legislaturperioden, nur alle fünf Jahre (in der Praxis, wegen vorgezogener Neuwahlen, öfter). Macht also 5,3 Millionen Euro in jedem der fünf Jahre.

Tatsächlich wird die jährliche Parteienförderung des Bundes nun aber nicht um diese 5,3 Millionen Euro angehoben, sondern mehr als verdoppelt.

Im Vergleich mit den Bundesländern ist allerdings auch die künftig verdoppelte Parteienförderung des Bundes noch relativ sparsam bemessen, denn in allen Ländern außer dem Burgenland liegt die Parteienförderung teils deutlich über zehn Euro je Stimmbürger. Streng genommen hätte damit auch das Burgenland Anpassungsbedarf nach oben, denn der aktuelle Wert von 8,1 Euro liegt unter der künftigen Untergrenze für Länder und Gemeinden von zehn Euro. Andererseits ist gerade im Burgenland die Förderung der Landtagsklubs (6,74 Euro) besonders großzügig.

Kleinstparteien fallen um Gelder um

Eine gröbere Veränderung gibt es für Parteien, die nicht im Parlament vertreten sind - etwa die nur im EU-Parlament vertretene Liste Hans-Peter Martin. Sie werden künftig keine Mittel aus der staatlichen Parteienförderung mehr erhalten, bestätigten Vizekanzler Michael Spindelegger und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) sowie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) vor dem Ministerrat.

Erster Teil mit 1. Juli in Kraft

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) betonte am Dienstag nach dem  Ministerrat, dass große Teile des Transparenzpakets - insbesondere die Spendenverbote (etwa für Staatsfirmen) sowie die Verpflichtung zur Offenlegung von Großspenden über 5.000 Euro - schon mit 1. Juli in Kraft treten sollen. Die ersten Rechenschaftsberichte mit den Spenderlisten im Anhang werden laut Faymann im Herbst 2013 veröffentlicht. Spenden über 50.000 Euro müssten ab 1. Juli unverzüglich offengelegt werden. Spindelegger verteidigte auch den geplanten Korridor für die Parteienfinanzierung auf Länderebene gegen Kritik, wonach die zulässige Obergrenze von 22 Euro je Wahlberechtigtem am Status quo nichts ändern werde. "Wir haben das, was derzeit an Bandbreite da war, sehr eingeschränkt", versicherte Spindelegger.

Unklar blieb nach Faymanns Aussagen, ob neben einfachen Geldspenden auch Sachleistungen, Inserate in Parteimedien und Sponsoring von Parteiveranstaltungen unter Angabe des Spenders offengelegt werden müssen. "Aus meiner Sicht muss das alles erfasst sein", sagte Faymann. Schließlich dürfe man die Transparenzbestimmungen nicht einfach dadurch umgehen, dass man auf die Spende eine andere Bezeichnung draufschreibe. SPÖ-Chefverhandler Staatssekretär Josef Ostermayer präzisierte im Anschluss allerdings, dass die Parteien gemäß dem aktuellen Gesetzesentwurf nur die Gesamthöhe von Sponsoring und Inseraten offenlegen müssen, nicht aber, von wem die Zuwendung kommt.

Sachleistungen "Schwachstelle"

Den Bereich der Inserate in Parteimedien sieht Spindelegger ohnehin durch das ebenfalls ab 1. Juli geltende Medientransparenzgesetz abgedeckt (dieses gilt allerdings nur für staatsnahe Unternehmen, nicht aber für Inserate von Privatunternehmen, Anm.). Faymann betonte diesbezüglich allerdings auch, dass der Entwurf ohnehin noch mit der Opposition verhandelt werden müsse. "Wenn etwas nachzubessern ist, bessern wir das nach", versicherte der Bundeskanzler.

Politologe Sickinger ortet in der lediglich summarischen Auflistung der Sachspenden jedenfalls "die gravierendste Schwachstelle". Bei Sachspenden, Inseraten, Personalleihen, Sponsoring und "Scheinaufträgen" müssen laut Entwurf nur die Gesamtbeträge angeführt werden. Sickinger würde es für sinnvoll halten, wenn man auch hier angeben muss, von wem die Leistungen kommen (sofern sie den Wert von 5.000 Euro übersteigen).

"Erkenntnisse aus U-Ausschuss"

Bleibe die Regelung wie vorgesehen, würden die Unternehmen "nur mehr solche Wege machen", so der Experte. Sickinger verweist in diesem Zusammenhang auch auf Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss: "Hinter den Erkenntnissen des U-Ausschusses in der Telekom-Affäre sollte ein neues Parteiengesetz, das gerade die Antwort auf diese Erkenntnisse sein soll, nicht zurückfallen", sagte er.

Unklarer Spenden-Begriff

Einen Widerspruch sieht der Experte bei der Begriffsdefinition der "Spende": Unter anderem lässt sich dort herauslesen, dass Zuwendungen von Interessensvertretungen wie Industriellenvereinigung oder Wirtschaftsbund nicht unter den Spenden-Begriff fallen. Sickinger vermutet hier ein Versehen. Denn im § 7 hingegen werden genau diese Zuwendungen ("Gesamtsumme der Spenden von auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufs- und Wirtschaftsverbänden, von Anstalten, Stiftungen oder Fonds") unter dem Spenden-Begriff angeführt.

Interessant ist für Sickinger auch ein Detail bei der Wahlkampfkostenrückerstattung: All jene Parteien, die bei einer Nationalratswahl mehr als ein Prozent der Stimmen erhalten, bekommen künftig deutlich mehr an Förderungen. Bisher haben sie nur Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit erhalten, aber nicht die Wahlkampfkostenerstattung. Künftig haben auch diese Parteien Anspruch auf Fördermittel - und zwar ein halbes Jahr lang nach der Wahl.

Kritisch sieht Sickinger, dass bei Geldstrafen eine zu ungenaue Definition vorgesehen sei: Bei unkorrekten Angaben bis zu 30.000 Euro, bei nicht gemeldeten Unternehmensbeteiligung bis zu 100.000 Euro. Sickinger stößt sich an der Definition "bis zu" - das lasse zu viel Spielraum zu. Änderungen wünscht er sich auch noch beim geplanten "Parteien-Transparenz-Senat", der diese Geldbußen verhängen soll. Entscheidungen sollen hier einstimmig fallen - Sickinger würde lieber einen Mehrheitsbeschluss sehen.

Als positiv bezeichnete der Experte, dass nicht nur jene politische Parteien, die bereits Förderungen beziehen, von den Offenlegungspflichten betroffen sind, sondern alle, die sich an Wahlen beteiligen. Auch, dass Abgeordnete von der Rechenschaftspflicht umfasst sind, sei positiv. Hier könne er sich aber noch vorstellen, dass auch sonstige Parteifunktionäre unter die Regelungen fallen.

Sieben Millionen-Grenze bei Wahlkampf

"Sehr positiv" sei auch die Wahlkampfkostenbeschränkung mit maximal sieben Mio. Euro (für Nationalrats- und Landtagswahlen) - wobei er diese Summe für kleinere Bundesländer als zu hoch angesetzt betrachtet.

Rechnungshof: "Positive Entwicklung"

Rechnungshof-Präsident Josef Moser begrüßt grundsätzlich das Transparenzpaket. Generell handle es sich um eine "sehr positive Weiterentwicklung der Parteienförderung", sagte der Präsident gegenüber der APA. Änderungen schlägt er betreffend der Prüfkompetenz des Rechnungshofes vor: Wenn die Politik will, dass der RH prüft, brauche dieser auch ein "konkretes Einschaurecht" in die Bücher der Parteien, sagte Moser.

Laut dem aktuelle Entwurf hat der RH keine "originären Prüfrechte", so der Präsident. Der RH selbst wird laut derzeitigem Stand nicht selbst prüfen können. Vorgesehen ist laut Gesetzesentwurf, dass er den Rechenschaftsbericht der Parteien in Empfang nimmt, und bei konkreten Anhaltspunkten zu unrichtigen Angaben Stellungnahmen der Parteien einholen kann. Diese Stellungnahmen kann der RH durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen lassen; wenn auch danach die Anhaltspunkte nicht ausgeräumt sind, gibt es für den RH die Möglichkeit, einen weiteren Wirtschaftsprüfer einzuschalten, der dann auch Einsicht in die Bücher der Parteien hat.

Aus diesem Grunde könne man sagen, dass der RH selbst nicht prüfen kann, erklärte Moser. "Der Rechnungshof selbst hat keine Möglichkeiten, hier seiner Aufgabe nachzukommen" - eine Einschau vor Ort sei nicht möglich, um die ziffernmäßige Richtigkeit und Übereinstimmung mit dem Bundesgesetz zu überprüfen. Bleiben die Bestimmung so wie vorgesehen, sei es fraglich, ob dann die Rolle des RH überhaupt notwendig sei. Der RH könne laut aktuellem Entwurf keinen Mehrwert bringen, weil er sich nur auf die Prüfungen eines anderen - nämlich des Wirtschaftsprüfers - verlassen kann.

"Rechnungshof rausnehmen"

"Wenn man das so lässt, wäre es besser, den Rechnungshof rauszunehmen", so Moser. "Wo Rechnungshof drinnen ist, da soll Rechnungshof draufstehen, wo er nicht drinnen ist, da nicht." Wenn die Politik es wolle, dass der RH die Übereinstimmung mit dem Bundesgesetz prüft, dann brauche er "- so wie in allen anderen Fällen auch - ein konkretes Einschaurecht", sagte Moser. "Nur dann kann er eine Bestätigung abgeben, die Substanz hat. Nur aufgrund der Rechenschaftsberichte hat es keinen kontrollpolitischen Mehrwert." Diese Frage ist aber Sache der Politik. (APA/red, 15.5.2012)