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Mit einer Parade durch das Stadtzentrum von Manchester haben die Fußballprofis von Manchester City am Montagabend ihren ersten englischen Meistertitel seit 44 Jahren gefeiert.

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Manchester - Die Zeitungen überschlugen sich wie die Ereignisse tags zuvor im Etihad Stadium zu Manchester, allerdings vor Begeisterung. "Paradise City", titelte The Guardian nach der spektakulärsten Titelentscheidung in der Premier League ever. Im doppelseitigen Bild: der Bosnier Edin Dzeko und der Spanier Sergio Aguero, die Manchester City mit ihren Toren in der Nachspielzeit der Heimpartie gegen die Queens Park Rangers (3:2) im Fernduell mit dem Stadtrivalen und Titelverteidiger Manchester United die dritte englische Meisterschaft nach 1937 und 1968 bescherten.

Die "crazy gang", wie die Times die Mannschaft von Coach Roberto Mancini nannte, hat für den Daily Mirror die Geister von 44 Jahren des Elends vertrieben, in denen die Citizens in "UK's Second City" nur die zweite Geige spielten und das oft genug erbärmlich schlecht. Immerhin war ManCity nach dem bis Sonntag zweiten Titelgewinn viermal abgestiegen, 1998 gar bis in die dritte Liga, während United das englische Oberhaus durchgehend seit 1975 schmückt und seit 1993 zwölfmal Meister wurde.

Die endgültige Wende zum Besseren bei City vollzog sich im Herbst 2008, als die Abu Dhabi United Group for Development and Investment (Adug) von Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan den ehemaligen thailändischen Premierminister Thaksin Shinawatra als Klubeigentümer ablöste. Die Adug hat bis dato rund eine Milliarde Euro in die Citizens investiert.

Scheich Mansour (42), Bruder des Präsidenten und Minister des Präsidialamtes der Vereinigten Arabischen Emirate sowie nebenbei Vorstandsvorsitzender der First Gulf Bank, ist der erste Fan seines Vereins. Den historischen Titelgewinn erlebte er im Stadion mit und stimmte ins Vereinslied, den Rodgers/Hart-Hit Blue Moon aus den 1930ern, ein.

Neben dem Geld aus Abu Dhabi ist der Titel der Klasse der Stars aus aller Herren Länder, vor allem aber dem Know-how und den Nerven von Coach Roberto Mancini zu verdanken. Der 47-Jährige aus Jesio bei Ancona, der als Stürmer von Sampdoria Genua und Lazio Rom sechsmal den italienischen Pokal und je zweimal die Meisterschaft und den Cup der Cupsieger gewann, bewies sich als Trainer bereits bei Fiorentina, Lazio (je einmal Cupsieger), vor allem aber bei Inter Mailand (dreimal Meister, zweimal Cupsieger).

Eine Truppe wie jene von ManCity hatte Mancini aber noch nie zu betreuen. Neben ununterbrochener Fluktuation machen ihm auch schwierige Charaktere zu schaffen. Mit dem Argentinier Carlos Tevez schwelte ein monatelanger Streit. Mit dem ultraharten Niederländer Nigel de Jong hat Mancini eine ständige Rotgefährdung und in seinem Landsmann Mario Balotelli quasi einen Marko Arnautovic zum Quadrat im Kader. Der ghanaischstämmige Internationale, für den Guardian einst "die spatzenhirnige Verkörperung des Zusammenbruchs von City", soll im Sommer verkauft werden. Er wird trotz seiner immerhin 13 Ligatreffer nicht abgehen, zumal vor allem Aguero, der Schwiegersohn von Diego Maradona, und Dzeko einschlugen. Der 23-jährige Argentinier brachte es in seiner ersten Saison auf 30 Treffer in 48 Pflichtspielen, der 26-jährige Bosnier brachte es in seiner zweiten auf 18 aus 42.

Bei Manchester United, das sechs Runden vor Schluss noch acht Punkte voranlag und das nun ein Schlag ereilte, wie er Bayern München im Finale der Champions League 1999 eben von den Red Devils versetzt wurde (zwei Tore in der Nachspielzeit) wurde nach dem Verlust des Titels bloß wegen der schlechteren Tordiffernz etwas krampfhaft nach Trost gesucht. "Wir müssen uns keine Sorgen machen. City wird 100 Jahre brauchen, um so eine Geschichte wie wir zu haben", sagte Coach Alex Ferguson. (lü; DER STANDARD, 14.5.2012)