Zeichnung: Oliver Schopf

Eine Kontrollbehörde hat erstmals klargestellt, was Unternehmen tun müssen, damit sie trotz früherer Verfehlungen an Ausschreibungen teilnehmen dürfen. Kurzfristige Maßnahmen reichen jedenfalls nicht aus.

Beschäftigt ein Bieter Arbeitnehmer, ohne dafür die erforderlichen Bewilligungen eingeholt zu haben, ist dies auch vergaberechtlich kein Kavaliersdelikt. Gleiches gilt für andere schwere berufliche Verfehlungen oder für strafrechtliche Verurteilungen des Bieters oder seiner Geschäftsführer, die geeignet sind, die berufliche Zuverlässigkeit des Bieters infrage zu stellen - etwa Korruptionsdelikte. Ein unzuverlässiger Bieter muss zwingend vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.

Vor einem tatsächlichen Ausschluss gibt ihm das Bundesvergabegesetz seit 2007 aber noch eine letzte Chance: Er kann sich unter bestimmten Voraussetzungen "von seiner Schuld reinwaschen".

So können Bewerber und Bieter, deren Vergangenheit durch Fehlverhalten getrübt ist, ihre vergaberechtliche Zuverlässigkeit wieder erlangen, indem sie glaubhaft machen, sie hätten entsprechende technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen getroffen, die eine Wiederholung dieser strafbaren Handlung bzw. Verfehlung verhindern können. Je mehr Verstöße vorliegen und je schwerer sie sind, umso umfassender müssen die Selbstreinigungsmaßnahmen sein und umso strenger ist bei der Beurteilung vorzugehen, ob die Zuverlässigkeit wieder hergestellt wurde.

Soweit ersichtlich, hat nun erstmals eine Vergabekontrollbehörde in einem Nachprüfungsverfahren über die Frage entschieden, ob ein in Aussicht genommener Zuschlagsempfänger ausreichende Maßnahmen gesetzt hatte. Der präsumtive Bestbieter für Bewachungsdienstleistungen war bereits mehrmals wegen Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz rechtskräftig verurteilt worden. Die Vergabekontrollbehörde setzte sich intensiv mit seinem Vorbringen auseinander, vernahm dessen Mitarbeiter und verneinte schlussendlich die Zuverlässigkeit mit der Begründung, die gesetzten Maßnahmen wären nicht ausreichend gewesen.

Aus dem Bescheid der Vergabekontrollbehörde, gegen den Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurde (2012/04/0010), lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Selbstreinigung erfordert zunächst nachhaltige personelle Konsequenzen. Nicht ausreichend ist es, den Personalsachbearbeiter aus dem Unternehmen zu entfernen, während die verantwortlichen Mitglieder der Geschäftsleitung ungeschoren davonkommen. Wichtig ist auch, auf Fehlverhalten mit der Einführung unternehmensinterner Haftungen und Sanktionen zu reagieren. Große Unternehmen sollten überdies für bestimmte räumliche oder sachliche Bereiche verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Beauftragte bestellen. Es genügt nicht, irgendwelche organisatorischen und technischen Schritte zu setzen; vielmehr prüfte die Kontrollbehörde genau, ob die Maßnahmen des potenziellen Zuschlagsempfängers tatsächlich geeignet und ausreichend waren, um weitere gleichartige Verstöße zu verhindern.

Nein, meinte die Vergabekontrollbehörde im konkreten Fall. Denn es gab zwar ein neues Personalorganisationsprogramm, das weiteren Verurteilungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vorbeugen sollte, doch es enthielt keinen Automatismus, der die Anmeldung von Ausländern ohne Beschäftigungsbewilligung bei der Sozialversicherung verunmöglichte. Vor allem gab es keine tägliche Überprüfung, ob erforderliche Bewilligungen vorlagen. Somit konnten Verstöße weiterhin bis zu einem Monat unentdeckt bleiben.

Vor allem sah die Vergabekontrollbehörde ein Problem in der dezentralen Einstellung von Personal durch die einzelnen Landesdirektoren, was für eine laufende Überwachung ungeeignet sei. Dazu kam, dass der als Zeuge befragte Geschäftsführer über die Reorganisationsmaßnahmen keinerlei Detailkenntnisse hatte, deren Umsetzung und Effektivität somit nicht zu kontrollieren schien. Dieser Bieter hat also seine letzte Chance vertan; es gelang ihm nicht, seine Zuverlässigkeit glaubhaft zu machen.

Der Bescheid zeigt, dass vergaberechtliche Selbstreinigung möglich ist, sie aber ernsthafte personelle und technisch-organisatorische Maßnahmen erfordert. Diese müssen unter Verantwortung der Geschäftsführung des Unternehmens umgesetzt und von dieser oder von speziell beauftragten verantwortlichen Mitarbeitern laufend und effektiv überwacht werden. Selbstreinigung ist kein punktueller Vorgang, sondern ein laufender Prozess. (Bernhard Müller, Irene Mayr, DER STANDARD, 16.5.2012)