Hans Briegel entwarf in seinem neuen Paper das Modell eines Roboters, der natürlicher reagiert. Die Umsetzung seiner Theorie bezeichnet er als möglich: "Ich bin ein Optimist."

Foto: Uni Innsbruck

Ein Roboter ist, im Vergleich zum Menschen, ein ziemlich einfach gebautes Stück Hightech. Er hat üblicherweise kein Gedächtnis, und seine Lernfähigkeit ist begrenzt. Seine Bestimmung ist, wenngleich es sicher intelligentere Formen gibt, am Beispiel einer im Handel erhältlichen Maschine ablesbar: eingeschaltet werden, als Staubsauger durch die Wohnung düsen, sauber machen und bei jedem Hindernis umdrehen.

Aber könnte das nicht auch natürlicher funktionieren? Was müsste geschehen, um dem Roboter die Möglichkeit zu geben, "Erfahrungen" zu speichern und mit dieser Information im Hintergrund neue Ereignisse abschätzen zu lernen?

Der theoretische Physiker Hans Briegel hat nun gemeinsam mit der Doktorandin Gemma De las Cuevas ein Modell für künstliche Intelligenz entwickelt, mit dem die Maschinen in ihrem Verhalten variabler und natürlicher werden und auf "Erfahrungen" in einem eigenen "Gedächtnis" zurückgreifen können. Die Arbeit, die am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und an der Universität Innsbruck entstand, wurde vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert und nun in der Open-Access-Fachzeitschrift Scientific Reports der Nature Publishing Group veröffentlicht.

Briegel schrieb hier keine Anleitung zum Bau eines menschenähnlichen Roboters, wie er im Gespräch mit dem Standard betonte. Er entwickelte ein Konzept, wie ein mit künstlicher Intelligenz ausgestatteter Agent Umwelteindrücke aufnehmen und in einem "episodisch-kompositorischen" Gedächtnis in Form von Clips ablagern kann. Die Clips werden wie in einem Netzwerk verknüpft, wodurch der Agent Handlungsmöglichkeiten durchspielen kann, wenn er mit einem Ereignis konfrontiert ist.

Plattform für Simulationen

Bei der Erinnerung an positive und negative Erfahrungen werden Wahrscheinlichkeiten und Zufälligkeiten mit einbezogen, die auf einer eigenen Plattform simuliert werden können. So erhält der Agent Spielraum für Variationen und kreatives Verhalten - rudimentär zwar, aber weitaus komplexer, als das gängige Maschinen machen können. Würde er zum Beispiel einen Ball auf die Straße rollen sehen, ein Zufall also, dann sollte er daraus mithilfe des Clip-Erfahrungsschatzes schließen können, dass höchstwahrscheinlich ein Kind hinterherläuft.

Wie könnte dieser theoretische Ansatz in die Praxis umgesetzt werden? Briegel lässt sich auf keine großen Visionen ein: "Die Maschinen würden vielleicht nicht so mechanisch agieren, wie wir das bisher kennen", sagt er. Technisch würde die Umsetzung des Konzepts wohl auch heute schon machbar sein, sagt er. Briegel: "Ich bin ein Optimist." Man könne schon heute über Maschinen nachdenken, die Clips durchmischen und immer wieder in einer neuen Anordnung abspielen. Das wäre die Basis für die Herstellung eines derartigen Roboters.

Das Paper endet mit der Idee, die Prinzipien der künstlichen Intelligenz mit jenen der Quanteninformation zu verknüpfen. Briegel hält das für sinnvoll und macht damit auch die Tür für eine breitere Anwendung der Quanteninformation jenseits von Computermodellen auf.

Die quantenmechanische Interferenz, die wellenartige Überlagerungen verschiedener Clips im Gedächtnis erlaubt, könnte zu leistungsfähigeren Agenten führen, die Informationen aus der Umwelt deutlich schneller verarbeiten. (Peter Illetschko, DER STANDARD, 16.5.2012)