Graz - "Ich habe vor Rechtsextremisten generell Angst, und ich wurde von ihnen mit dem Tod bedroht", erzählt jener Familienvater, der beim Public Viewing eines WM-Spiels in Graz 2010 schwer verletzt wurde. Der Mann hat noch immer Angst, und deshalb müssen bei seiner Einvernahme vier Männer, die bereits für die Körperverletzung erstinstanzlich verurteilt wurden, den Saal verlassen. Seit einer Woche stehen sie mit sechs weiteren, darunter der Rechtsextreme Franz Radl, der aber nicht bei den Übergriffen dabei war, wegen NS-Wiederbetätigung vor Gericht.

Das Opfer erinnert sich am Dienstag an die Rufe: "SS, SA, wir sind wieder da!" Einige der Angeklagten sitzen grinsend hinter ihm, als er, dem das Jochbein zertrümmert wurde, sagt: "Ich habe mich an den Nazi-Terror der 1930er Jahre erinnert und mir gedacht: Jetzt sind sie wieder da."

Andere Zeugen - ein Mann, dem in einem Studentencafé Nase, Jochbein und Augenhöhlen mit Fußtritten gebrochen wurden, und eine Zeugin - mussten gegen ihren Willen vor der voll besetzten Anklagebank aussagen. Angeklagte und Anwälte hatten nichts gegen die gesonderte Einvernahme. Doch der beisitzende Richter Gernot Patzak bestand auf die Anwesenheit der Angeklagten.

Richter Raimund Frei gab nach. Als die Verteidiger fragten, ob das von der Jukebox gespielte antifaschistische Lied Schrei nach Liebe der Band Die Ärzte die Nazi-Parolen und Nazi-Lieder provoziert haben könnte, mischte sich Frei aber ein: Man müsse "in einem Lokal auf Nationalsozialisten keine Rücksicht nehmen bei der Liederauswahl". Der Prozess wird Mittwoch fortgesetzt. (cms, DER STANDARD, 16./17.5.2012)