Der Zenit des Klimt-Jahres ist erreicht. Mit nicht weniger als zehn Ausstellungen begehen die Museen das Maler-Jubiläum und sind auch in puncto Publikationen äußerst generös zum Publikum. Gustav Klimt als touristischen Lockstoff zu sehen, mit dem man neben Eintritten und Büchern auch allerhand Klimbim verkaufen kann, daran will offiziell keiner der Direktoren gedacht haben.

Die Bitte nach dem "ganzen Klimt" in Form einer großen Überblicksschau schmetterte man mit dem Loblied auf die Vielfalt einzelner Zugänge ab. Eine Breite, die man jedoch auch seitenstark zelebriert: mit dicken Wälzern oder gleich mehreren schlanken Bändchen pro Schau. Im Juni folgt ein neues Werkverzeichnis von Tobias Natter, im Herbst das überarbeitete von Antipode Alfred Weidinger. Schon allein lesetechnisch ist das kaum zu bewältigen.

Wesentlicher ist die Frage: Was bleibt vom Klimt-Jahr als ein volles Bücherregal, das sich unter der Last unterschiedlicher Zugänge biegt? Aufgabe öffentlicher Museen wäre es, Orientierung zu bieten. Ratsam wäre es also, die Chance zu nutzen und die heimische Klimt-Expertise in die fremdsprachige Welt hinauszutragen. Nachhaltige Wirkung hätte es, die Kompetenzen zu bündeln und wesentliche Aufsätze und auch widerstreitende Meinungen in einem mehrteiligen Kompendium zum Jahrhundertwendekünstler zu sammeln. Für diese Standardwerk-Strategie müssten die Direktoren allerdings ihr jeweils großes Ego bändigen. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 18.5.2012)