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Peter Altmaier wird neuer Umweltminister.

Foto: AP/Stadler

Es dauerte ein paar Stunden, dann hatte sich Karl-Josef Laumann vom Schock erholt und konnte als erster CDU-Politiker die Nachricht des Tages kommentieren. "Ich verstehe nicht, dass Norbert Röttgen bis Sonntagabend 18 Uhr als der hervorragende Umweltminister galt, der er war, und heute entlassen wird", sagte der CDU-Fraktionschef im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Auch der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach zeigte sich entsetzt: "Wenn jemand am Boden liegt, muss man nicht noch drauftreten."

Zuvor, am Mittwoch, hatte sich in Berlin bis dato Beispielloses abgespielt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel feuerte zum ersten Mal seit ihrem Amtsantritt 2005 einen ihrer Minister.

Kurzfristig wurden die Journalisten am Mittwoch zu einem Statement Merkels ins Bundeskanzleramt gebeten. Dort machte sich dann ungläubiges Staunen breit, als Merkel verkündete, sie habe am Vormittag Bundespräsident Joachim Gauck "gemäß Artikel 64 des Grundgesetzes vorgeschlagen, Norbert Röttgen von seinen Aufgaben als Bundesumweltminister zu entbinden, um so in diesem Amt einen personellen Neuanfang möglich zu machen".

Im Klartext: Röttgen trat nicht von sich aus zurück, Merkel hat ihn rausgeworfen. Einen Nachfolger präsentierte sie auch gleich: Den parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU). Der hat zwar keine Erfahrung mit Umweltpolitik, gehört aber zu Merkels Vertrauten. Zuverlässig organisiert er im Bundestag ihre Mehrheiten. Er soll nun das wichtigste Projekt der Regierung, die Energiewende, umsetzen.

Während sich der Neue per Twitter für die vielen Glückwünsche bedankte, sickerte durch, wie groß das Zerwürfnis zwischen Merkel und Röttgen war. "Muttis Klügster" wurde Röttgen in Berlin genannt, er galt bis zur Wahl als Kronprinz der Kanzlerin. Doch nebst dem miserablen Wahlergebnis konnte ihm Merkel zweierlei nicht verzeihen.

Dass er nicht bereit war, auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf zu gehen, sondern nur als Ministerpräsident. Und dass er drei Tage vor der Wahl, als sich das CDU-Desaster schon abzeichnete, auch noch Merkel mit reinzog und die Wahl zur Abstimmung über ihre EU-Politik erklärte.

Am Montag nach der Wahl deutete sie an, dass es so nicht mehr weitergehe. Röttgen stellte sich jedoch taub. Es folgte am Montagabend das "Wut-Interview" im ZDF von CSU-Chef Horst Seehofer, der kräftig über Röttgen herzog. Daraufhin verlangte der Gescholtene am Dienstag von der Kanzlerin Rückendeckung.

Merkel aber verweigerte Röttgen diese und legte ihm den freiwilligen Rücktritt nahe. Es soll dabei zu sehr lauten Streits gekommen sein. Merkel räumte Röttgen dann bis Mittwoch Bedenkzeit ein. Gereizt und blass erschien er am Vormittag zur Kabinettssitzung, wollte aber nicht weichen. Da griff Merkel durch. (Birgit Baumann aus Berlin /DER STANDARD, 18.5.2012)