Servus TV-Senderchef Martin Blank: "Das Fernsehverhalten ändert sich zur Zeit dramatisch. Ich glaube, dass in den nächsten Jahren das Image eines Senders für die Programmentscheidung der Zuschauer wichtiger sein wird, als einzelne Formate."

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Wien - Servus TV, der Fernsehsender aus dem Hause Red Bull, hat den Pfad der Geheimniskrämerei verlassen. Im Interview gewährte Senderchef Martin Blank Einblicke in die Welt und Positionierung von Servus. Über neue Formate spricht man bei Servus TV aber noch immer nicht gern. Das liegt nicht nur daran, dass man keine falschen Erwartungen wecken will, sondern auch daran, dass man ganz grundsätzlich von einer "Format- zu einer Senderweltbetrachtung" kommen will, wie Blank erklärte.

"Das Fernsehverhalten ändert sich zur Zeit dramatisch. Ich glaube, dass in den nächsten Jahren das Image eines Senders für die Programmentscheidung der Zuschauer wichtiger sein wird, als einzelne Formate", ist Blank überzeugt. Ganz im Stil von Red Bull arbeitet der Sender daher kräftig an seiner Marke. "Hohe Qualität für neugierige Menschen, die vom Fernsehen mehr erwarten, als das übliche Einerlei und leichte Berieselung", will Servus TV bieten. Programmpunkte sind demnach: Werte vermitteln, Orientierung geben und Entspannung bieten.

Zielpublikum von Servus TV sind 25- bis 59-Jährige - Männer sowie Frauen zu gleichen Teilen. Empfangbar ist der Sender nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland und der Schweiz. In Deutschland soll es noch heuer ein eigenes Programmfenster geben, wobei typisch österreichspezifisches Programm mit deutsch-landesorientiertem Programm überspielt wird. In der Bundesrepublik ist Servus TV in 80 Prozent der Haushalte verfügbar - in Österreich haben bereits knapp 90 Prozent der Haushalte schon einmal auf Servus TV gezappt.

Eingebettet in die "Servus Welt"

Der Sender ist eingebettet in die - wie es heißt - "Servus Welt". Dazu gehört auch das Printprodukt "Servus in Stadt und Land". "Die 'Servus Welt' basiert auf der Beobachtung, dass sich Menschen der westlichen Welt zunehmend entfremdet, entwurzelt, gehetzt und alleingelassen fühlen. Dementsprechend besinnen sie sich auf alte Werte wie Gemeinschaft, Tradition und Ursprüngliches zurück. "Die 'Servus Welt' möchte an diesem Bedürfnis antizipieren", so Blank.

"Wir kümmern uns beispielsweise um das Thema Tradition." Im Herbst soll ein neues wöchentliches Musikformat namens "Aufgeigt wird" mit dem Südtiroler Herbert Pixner, einem Pionier der jungen alpinen Volksmusikszene, starten. In "Aufgeigt wird" soll ursprüngliche (Volks-)Musik aufgegriffen und neu interpretiert werden. "Mit Musikantenstadl oder verstaubter Volksmusik hat das aber nichts zu tun", so Blank. In "Fast vergessen" lenkt Servus TV den Blick auf beinahe verloren gegangene Berufe oder Traditionen.

"Entschleunigung, Ruhe, Halt, Optimismus und Orientierung"

"Entschleunigung, Ruhe, Halt, Optimismus und Orientierung" sind aber nicht die einzigen Aspekte, die man bieten will. Sie sind der Markenkern, aber "anders als in Print ist Servus im Fernsehen breiter aufgestellt". Nach dem Motto "man muss zwar nicht auf jedem Kirtag tanzen, aber ein Kirtag ist auch zu wenig" haben so auch Motorsportevents, Eishockey oder die Extremmission von Felix Baumgartner, "Red Bull Stratos", im Programm platz. Um die deutsche Eishockeyliga wird sich Servus TV - entgegen Spekulationen in deutschen Medien - übrigens nicht bewerben, sagte Blank.

Nicht erlaubt sind bei Servus TV laut Blank Sozialpornos, klischeehafte Boulevardberichterstattung, Effekthascherei oder all zu negative Darstellungen. Wesentlich ist, dass das Gezeigte "hochwertig" ist und sich von anderen Kanälen differenziert: "Es geht darum, dass wir Dinge anders tun oder andere Dinge tun." Die Imagepflege des Senders und der "Servus Welt" wird groß geschrieben und trägt, glaubt man Blank, auch wirtschaftliche Früchte. Demnach liegt Servus TV anders als andere Sender heuer bei den Werbebuchungen "exakt auf Plan. Und es war ein sehr ehrgeiziger Plan."

Durch das gute Image sei Servus TV ein attraktives Werbeumfeld, so der Geschäftsführer. Diesem Image dürfte es der kleine Privatsender, dessen Marktanteil bei rund einem Prozent liegt, auch zu verdanken haben, dass er - neben dem Branchenprimus ORF - am Sonntag um 20.15 Uhr den Dalai Lama zum großen Interview mit Heinz Nußbaumer begrüßen kann. (APA, 18.5.2012)