Wien - Mehr als die Hälfte der Firmenpleiten in Österreich waren 2011 auf Managementfehler, Überschatzung und Blauäugigkeit zurückzuführen. Insgesamt 53 Prozent der 3.260 Insolvenzverfahren hatten innerbetriebliche Ursachen. Externe Faktoren, also auch krisenbedingte Gründe, wurden bei 16 Prozent der Fälle als Insolvenzauslöser identifiziert. Fahrlässigkeit und Kapitalmangel waren für jeweils 11 Prozent der Firmenpleiten verantwortlich, geht aus der jährlich veröffentlichten Insolvenzursachen-Statistik des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) hervor.

"Versäumnisse sind oftmals viel schlimmer als falsche Entscheidungen", sagte KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner. Die heimischen Unternehmen müssten sich viel stärker mit strategischen Unternehmensfragen auseinandersetzen. Die Firmen sollten sich mehrmals im Jahr unter anderem mit den Fragen "Was ist mein Produkt?" und "Was und wo ist mein Markt?" beschäftigen. Diese "strategische Arbeit" sei "eine der ureigensten Management-Aufgaben".

Die Kreditschützer analysierten für ihren Bericht jeden einzelnen Pleitefall und legten einen von 18 Insolvenzgründen fest. Als Bewertungsgrundlage wurden unter anderem Masseverwalter-Berichte verwendet, erklärte Kantner.

Innerbetriebliche Ursachen

Der Vergleich mit den Vorjahren zeigt vor allem bei den innerbetrieblichen Insolvenzursachen einen starken Anstieg. Der Wert legte von 33 Prozent im Jahr 2000 auf 44 Prozent im Jahr 2010 zu. Im vergangen Jahr waren es bereits 53 Prozent. Für den KSV geht es hier vor allem um "echte Managementfehler" und eine "mangelnde Befassung" mit dem Unternehmensumfeld vor. Etwa würden Fehlentwicklungen im Unternehmen zu spät und oder gar nicht korrigiert. Diese Ursachen seien mit Fahrlässigkeit eng verbunden und oftmals schwer zu trennen.

Mangelnde Erfahrung, geringe Kenntnisse und unsinnige Investitionen werden vom KSV als Fahrlässigkeit zusammengefasst. Diese Faktoren waren 2011 für 11 Prozent der Pleiten verantwortlich, nach 14 Prozent im Jahr davor. "Unternehmer werden professioneller und dann werde die Pleite als systemisches Scheitern und nicht so sehr als menschliches Versagen verstanden", sagte Kantner. Dadurch habe es in den vergangenen Jahren eine Verschiebung der Insolvenzfaktoren von Fahrlässigkeit zu innerbetrieblichen Gründen gegeben.

Externe Ursachen vorgeschoben

Externe Insolvenzursachen werden laut KSV von der Geschäftsführung oftmals vorgeschoben und in ihrer Bedeutung überschätzt. "In Wahrheit schwanken diese externen Ursachen mit 10 bis 20 Prozent aller Fälle", schreiben die Kreditschützer in ihrer Analyse. Marktbedingungen würden sich "manchmal schlagartig" ändern und die Unternehmen könnte nicht auf jede Überraschung, wie etwa eine Pleite von wichtigen Kunden oder Lieferanten vorbereitet sein.

Nur rund 6 Prozent aller Insolvenzverfahren waren im vergangenen Jahr auf persönliches Verschulden, wie Betrug, zu hohe Privatentnahmen und Vernachlässigung der Geschäftsführung zurückzuführen.

Die Zahl der Insolvenzverfahren hat sich in den vergangenen 20 Jahren von 1.257 auf 3.260 Fälle nahezu verdreifacht hat. Dies liegt laut KSV "am globalen Markt" und den "geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen". Außerdem habe sich der Anstieg der aktiven Unternehmen von rund 210.000 auf 470.000 in diesem Zeitraum auf die Insolvenzzahlen ausgewirkt. (APA, 18.5.2012)