Die Gewerbezone von morgen? Medial gepushte Projekte wie "Die Berg komt er" in den Niederlanden zeigen auf, wohin die Reise gehen könnte. Sogar Investoren sind schon gefunden.

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Schwechat - Von Montag bis Mittwoch ging die Real Corp 2012 über die Bühne. Nach einigen Ausflügen nach Sitges bei Barcelona (2009) und Essen (2011) fand die üblicherweise in Wien angesiedelte Immobilienmesse heuer in Schwechat statt. Die Lage an der Peripherie Wiens inspirierte zum diesjährigen Thema: "Re-Mixing the City. Der Weg zu Nachhaltigkeit und langfristiger Stabilität?"

Für Manfred Schrenk, Initiator und Veranstalter der seit 1996 stattfindenden Planertagung, liegt die größte stadtplanerische Herausforderung in der Anpassung der Siedlungsgefüge an die Anforderungen des postindustriellen Zeitalters: "Es geht um eine Wiederdurchmischung der urbanen Nutzungen, und zwar mit dem Ziel, kurze Wege in einer erweiterten Nachbarschaft zu haben."

Informationsaustausch nötig

Räumliche Stadtstrukturen, die getrennte Nutzungen mit weiten Wegen nach sich ziehen, hätten sich längst überholt. Im Gegensatz zum industriellen Zeitalter sei die Mehrzahl der Arbeitsplätze heute deutlich ärmer an störenden Emissionen und daher auch kompatibler mit dem Wohnen. Dieser Wandel müsse sich auch in der Stadtplanung niederschlagen.

Das Angehen solcher Ziele fordert regen Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten. Häufig wüssten Planer über die neuesten Technologien nicht ausreichend Bescheid, meint Martin Russ, Geschäftsführer der Austria Tech, einer staatlichen Agentur zur Etablierung technologischer Maßnahmen. "Aus diesem Grund ist der interdisziplinäre Austausch wesentlich."

Neue Methoden könnten seiner Meinung nach als Türöffner in neue Gebiete dienen. Bei der Austria Tech arbeitet man derzeit an der Implementierung von Systemen, etwa an der Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur oder an der Optimierung der Verkehrsmittelwahl per Echtzeitsimulation. Auch ein Feedbacksystem für Nutzer des öffentlichen Verkehrs befindet sich in Entwicklung.

Immer häufiger werden Teile der Bevölkerung über so genannte Governance in Planungsprozesse miteingebunden. Die Intention liegt dabei im Aufbrechen von allzu verkrusteten Machtstrukturen. Dass damit auch Berge zu versetzen sind, demonstriert die niederländische Inititative "Dutch Mountain". Die wahnwitzige Idee, einen Berg aus niederländischem Boden zu stampfen, bahnt sich im Internet ihren Weg (diebergkomter.nl). Dort wird sie ganz ohne steuernden Eingriff weitergesponnen.

Produzenten versetzen Berge

"Man sieht, was man durch offene Planungsprozesse alles erreichen kann", meint der zuständige Projektberater Tim Strikers. Allein, das theoretische Vorhaben ist mittlerweile auf dem Weg, Realität zu werden. Sponsoren, die an einer Umsetzung des Projekts Interesse haben, hätten sich schon zu erkennen gegeben - darunter auch ein Gemüsefabrikant. Ob allerdings die gewünschte Höhe von 2000 Metern erreicht wird, ist mehr als unsicher.

Für Tagungsleiter Schrenk ist das Verbinden des virtuellen Raums mit realen räumlichen Bezügen bereits etabliert: "In Europa ist Online-Kommunikation heute schon Teil jedes Planungsprozesses, außerdem muss jedes größere Projekt partizipativ geplant werden, um voran zu kommen." Um Bauvorhaben leichter in reale Entscheidungen münden zu lassen, soll eine interaktive Touchscreen-Anwendung Abhilfe schaffen.

"Für komplexe Entscheidungsprozesse können Varianten in besonders anschaulicher Form abgeglichen werden", meint Software-Entwickler Peter Lieber, der solcherart die Folge von Eingriffen transparent machen will. Mit solchen Entwicklungen wächst auch der Wunsch der Teilnehmer, dass Planer und Politiker die Planungshoheit in Zukunft mit Gruppen aus der Bevölkerung teilen sollten.

2013 soll die Real Corp (22. bis 24. Mai) nach Auskunft der Veranstalter im CEE-Raum stattfinden. (Peter Matzanetz, DER STANDARD, 19./20.5.2012)