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Einsatzkräfte vor der Francesca-Morvillo-Falcone-Schule in der süditalienischen Stadt Brindisi.

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Ein Videostill zur Verfügung gestellt vom Fernsehsender Sky TG24, unmittelbar nach der Explosion.

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Grafik: APA

Rom/Brindisi - Bei Explosionen vor einer Schule in der süditalienischen Stadt Brindisi ist am Samstag ein 16-jähriges Mädchen getötet worden. Fünf weitere Personen wurden laut Auskunft der Polizei verletzt. Berichte über den Tod einer gleichaltrigen zweiten Schülerin dementierten Ärzte in der Hafenstadt am Mittelmeer. Drei miteinander verbundene Gasbomben sollen die Explosionen vor der Schule verursacht haben. Sie wurden unweit einer Mauer vor dem Schuleingang gefunden, berichteten die Ermittler.

Die Gasbomben explodierten um 7.45 Uhr, als die Schüler des Mode- und Tourismusinstituts - überwiegend Mädchen - zum Unterricht kamen. Vermutlich waren sie in Rucksäcken versteckt, die auf einer kleinen Mauer vor der Schule abgestellt wurden. Das Gelände um die berufsbildende höhere Schule, die von circa 600 Schülern besucht wird, wurde abgesperrt. Alle weiteren Bildungseinrichtungen in Brindisi wurden evakuiert.

Nach den Detonationen, die über weite Teile der Adria-Stadt gehört wurden, brach Panik unter den Schülern aus. Einige Lehrer, die sich unweit des Schuleingangs befanden, leisteten den Verletzten Erste Hilfe. "Die Schüler sind geschockt", berichteten die Rettungskräfte.

Bürgermeister vermutet Mafia hinter Anschlag

"Wären die Gasbomben nur wenige Minuten später explodiert, wäre es zu einer noch größeren Tragödie gekommen", berichtete ein Augenzeuge. "Mit dem Anschlag wollte man töten, die Gasbomben sind gerade zum Zeitpunkt explodiert, als die meisten Schülerinnen die Schule erreichten", sagte Schuldirektor Angelo Rampino.

Der Bürgermeister der 90.000-Einwohner-Stadt, Cosimo Consales, macht die Mafia für den Anschlag verantwortlich. "Es handelt sich um einen Angriff der Organisierten Kriminalität ohne Gleichen", kommentierte der Bürgermeister.

Etwas differenzierter schätzt die italienische Innenministerin Anna Maria Cancellieri die Lage ein. Sie bezeichnete den Anschlag als einen Akt von "Grausamkeit ohne Gleichen". Die Hintergründe seien aber noch unklar. "Es gibt viele Hypothesen, aber keine Sicherheit", so die Ministerin: "Es ist ein komplexer und sonderbarer Fall", man könne noch nicht feststellen, dass es sich um einen Mafia-Anschlag handle.

Terrorismus statt Mafia

Auch Ex-Innenminister Virginio Rognoni äußerte sich zurückhaltend zur Mafia-These: "Die Mafia hat kein Interesse, Bomben zu legen. In diesen Zeiten wickelt sie ihre Geschäfte auf internationaler Ebene ab", kommentierte Rognoni. Auch der Staatsanwalt der apulischen Stadt Lecce, Cataldo Motta, gab zu Bedenken, dass die Mafia möglicherweise für den Anschlag nicht verantwortlich sein könnte.

So rätselten auch die Ermittler am Samstagabend weiterhin über das tatsächliche Motiv des Attentats. Mehrere Ermittler hoben hervor, es sei für die Mafia untypisch, gezielt Minderjährige zu töten und schlossen nicht aus, dass terroristische Gruppen am Werk waren.

Nach Mafia-Jäger benannte Schule

Die Schule in Brindisi ist nach der Ehefrau des bekannten Mafia-Jägers Giovanni Falcone, Francesca Morvillo Falcone, benannt. Der Anschlag auf Untersuchungsrichter Falcone und seine Frau jährt sich am 23. Mai zum 20. Mal. Das Ehepaar und drei Leibwächter wurde bei einem Mafia-Attentat in Sizilien getötet.

In der Nacht auf den 5. Mai war es in Brindisi zu einem Anschlag auf den Präsidenten einer Organisation gekommen, die das Phänomen der Mafia-Erpressungen bekämpft. Am 9. Mai wurden bei einer Anti-Mafia-Razzia 16 Personen wegen Mafia, Erpressungen und Drogenhandel festgenommen. In Brindisi wurden am Samstag die Teilnehmer eines Anti-Mafia-Marsches erwartet, die am 11. April in Rom gestartet waren. Der Marsch steuert verschiedene italienische Städte an.

Protestkundgebungen

Politiker aus allen Lagern verurteilten den Anschlag. Staatspräsident Giorgio Napolitano appellierte an die Sicherheitsbehörden, alles Erdenkliche gegen umstürzlerische Kräfte im Land zu unternehmen. Auch der Vatikan verurteilt den Anschlag. "Ganz Italien muss geschlossen auf die terroristische Gewalt reagieren", forderte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi.

Der Bischof der Stadt Brindisi, Rocco Talucci, appellierte an die Täter zur Reue. "Sie sollen sich der Polizei stellen. Dieser Anschlag darf nicht unbestraft bleiben", sagte der Bischof. In Rom, Palermo und weiteren italienischen Städten sind fanden am Samstag Solidaritätsdemonstrationen mit den Opfern des Anschlags statt. (APA/red, 19.5.2012)