Wien - Die letzte Novelle des Asyl- und Fremdenrechts datiert von Anfang 2010. Sie brachte im Umgang mit Schutzsuchenden vor allem neue Härten, etwa die Anwesenheitspflicht für Flüchtlinge im Erstaufnahmezentrum bis zu sieben Tage nach ihrem Asylantrag.

Nun setzt das Innenministerium zu einer weiteren, tiefgreifenden Gesetzesänderung an. Das neue Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) soll ab Beginn 2014 Asylverfahren erster Instanz und Fremdenrechtsangelegenheiten bearbeiten. Laut Experten gehen damit zusätzliche Verschärfungen für Ausländer einher - aber auch eine Erleichterung für Bleibewillige, die lang eingefordert worden ist.

Erwerbstätigkeit als Abschiebehemmnis

Geplant ist eine Bleibemöglichkeit für ausweisungsgefährdete Drittstaatangehörige nach mehr als fünf Jahren durchgängigen Aufenthalts im Land. Haben sie die Hälfte der Zeit, aber mindestens drei Jahre, rechtmäßig - etwa als Asylwerber - hier gelebt sowie das erste Modul der Integrationsvereinbarung erfüllt, sollen sie nicht mehr abgeschoben werden dürfen. Alternativ zur eingelösten Integrationsvereinbarung soll Erwerbstätigkeit als Abschiebehemmnis gelten.

Werden die Voraussetzungen erfüllt, sei den Betreffenden laut Paragraf 56 Asylgesetz eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, die eine Arbeitsbewilligung miteinschließt. "Im Vergleich zur jetzigen Situation ist der vorliegende Entwurf eindeutig ein Fortschritt", kommentiert Klaus Schwertner von der Caritas.

Derzeit entscheidet in bereits lang anhängigen Fällen ein Beirat im Innenministerium über einen Verbleib - aber nur, wenn der betreffende Drittstaatangehörige bereits vor dem 1. Mai 2004 eingereist war. Wer später kam, kann gegen eine beschlossene Ausweisung nur einen Antrag auf humanitären Aufenthalt stellen. Dieser hat keine aufschiebende Wirkung. Fast wöchentlich kommt es zu umstrittenen Abschiebeversuchen oder Abschiebungen integrierter Einzelpersonen oder Familien mit Kindern.

"Case Ownership"

Ob die geplante Bleiberegelung in der Praxis wirklich Entspannung bringen wird, ist laut Schwertner, dem NGO-Zusammenschluss Agenda Asyl sowie Grünen-Menschenrechtsprecherin Alev Korun jedoch fraglich. "Im neuen Bundesamt für Fremdenwesen soll das Prinzip des Case Ownership gelten. Der selbe Beamte, der davor die Aufenthaltsbeendigung beschlossen hat, wird über das Bleiberecht befinden. Da müsste er den Fall auf einmal ganz anders sehen", sagt Korun. Auch, dass gegen negative Bleibeentscheidungen keine Beschwerde bei Höchstgerichten vorgesehen ist, wird kritisiert.

Mit der BFA-Novelle soll die Fremdenpolizei zudem eine Reihe zusätzlicher Durchsuchungskompetenzen gegenüber Ausländern erhalten: laut Amnesty inakzeptabel.
(Irene Brickner, DER STANDARD, 21.5.2012)