Emotionslos bis gelangweilt verfolgt Gottfried Küssel den ersten Verhandlungstag im Wiener Landesgericht. Geständig ist keiner der Angeklagten, der Staatsanwalt vertraut auf die Indizien.

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Wien - Dass beim Wiederbetätigungsprozess gegen Gottfried Küssel, Felix B. und Wilhelm A. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter erst mit einstündiger Verspätung sein Plädoyer beginnen kann, liegt diesmal nicht an den Geschworenen. Von denen sind im Gegensatz zum vergangenen Montag nämlich genügend im Saal 106 des Wiener Landesgerichtes erschienen. Die Frage, ob es auch die richtigen sind, ist einer der Gründe der Verzögerung.

Als zwei Geschworene erst nach Beginn der Verhandlung auftauchen und von der Vorsitzenden Martina Krainz wieder weggeschickt werden, stellen die Verteidiger den Verdacht in den Raum, dass die Laienrichter nicht korrekt ausgewählt worden seien.

Erzürnt sind die Juristen auch über die Tatsache, dass Staatsanwalt Kronawetter bei seinem Vortrag eine Powerpoint-Präsentation einsetzt. Der Einsatz von Bildern sei "ein hochwirksames massenpsychologisches Manipulationsmittel", lautet die Argumentation. Der Senat sieht das nicht so, der Staatsanwalt darf anfangen,

Und präsentiert seine Indizien, dass Küssel, B. und A. die maßgeblichen Hintermänner der neonazistischen Internetseite Alpen-Donau.info und eines einschlägigen Forums sind. So sei ein Mail Küssels an A. aus dem November 2009 sichergestellt worden. Darin fordert er A. auf, die beiden Seiten in den USA registrieren zu lassen. A. habe das zunächst abgelehnt. Nachdem sie im März 2010 dann online ging, sei sehr wohl eine Verbindung zu A.s Computer nachweisbar. A. sei überhaupt "das Computergenie" gewesen, der auch Verschlüsselungstechnik eingesetzt habe.

Bei B. wiederum seien relevante Passwörter sichergestellt worden, er müsse der Administrator der Seiten gewesen sein. In einem Mail habe er in Bezug auf die Seite auch festgehalten, "dass wir inhaltlich auch jetzt schon im Kriminal stehen". Darüber hinaus sei er unter dem Alias " Prinz Eugen" auf der Seite "Großdeutsches Vaterland" einschlägig aktiv gewesen.

Dessen Verteidiger Herbert Orlich versucht in seinem langwierigen Plädoyer, in dem er zum Missfallen des Senates auch das Deutschlandlied singt und einen Kartentrick vorführt, Zweifel zu streuen. So zitiert er aus einem Bericht des Linzer Polizisten und Datenforensikers Uwe Sailer, wonach B. nicht "Prinz Eugen", sondern "Eispickel" gewesen sei.

Er will auch einen Computersachverständigen laden. Tatsächlich ist ein solcher vom Gericht bisher nicht bestellt worden. Vorsitzende Krainz weißt darauf hin, dass der als Zeuge geladene Chefinspektor Christian H. technische Fragen beantworten könne. Was problematisch werden könnte, da er selbst an den Ermittlungen beteiligt war und so nicht gänzlich unparteiisch ist. Ob nun ein externer Experte kommt, steht noch nicht fest.

Die Verteidiger weisen auf ein zweites Problem hin: Sie hätten keine Einsicht in die beschlagnahmten Daten bekommen, sondern kennen nur die, die im Akt seien. Das Oberlandesgericht werde über eine Beschwerde erst in Wochen entscheiden. Da könnte der Prozess, der am Mittwoch fortgesetzt wird, schon vorbei sein. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 22.5.2012)