Wien - 70 Meinl-Anlegern ist der Geduldsfaden gerissen: Sie wollen nicht mehr länger auf die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren gegen Julius Meinl warten. Ihr Anwalt Michael Poduschka hat daher beim Handelsgericht (HG) Wien Fortsetzungsanträge für ihre ruhend gestellten Zivilverfahren eingebracht. Beklagt ist die Meinl Bank - obwohl die Anleger ihre Meinl-European-Land-Papiere bei Fremdbanken gekauft haben. Die Kläger stützen sich auf ein neues OGH-Urteil zu Marktmanipulation. Das Geldhaus weist sämtliche Vorwürfe zurück.

Eigentlich waren die Zivilverfahren im Laufe des vergangenen Jahres ruhend gestellt worden; Anlegervertreter Poduschka wollte abwarten, ob sich für seine Mandanten verwertbare Ergebnisse aus dem Strafverfahren gegen Julius Meinl und andere Bankorgane ergeben. Da bei den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen aber nichts weitergehe - nunmehr ist beispielsweise schon der dritte Gutachter am Werk -, hat Poduschka "die bereits vorhandenen Puzzleteile zusammengetragen und mit der neuesten Judikatur des Obersten Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) verglichen, wie er zur APA sagte.

Der OGH habe in einem seit drei Wochen vorliegenden Entscheid zur Causa Immofinanz erstmals ausdrücklich ausgesprochen, dass eine Firma, die wegen Marktmanipulation verurteilt wurde, von Anlegern geklagt werden kann - und zwar egal, ob sie ihre Wertpapiere direkt über die Emittentin bezogen haben oder woanders. Die entsprechenden Passagen im Börsegesetz (§§ 48 ff BörseG) seien nämlich Schutzgesetze zugunsten der Anleger, stellte der OGH klar.

Poduschka legt dies nun auf den Fall Meinl um. Emittentin war zwar die frühere Meinl European Land (MEL, heute Atrium), aber die Bank habe mitgewirkt. "Wenn wir nunmehr nachweisen, dass die Meinl Bank gegen diese Schutzgesetze verstoßen hat, ist es klar, dass die Meinl Bank rechtswidrig gehandelt hat. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft ist es für uns egal, ob die Meinl Bank dies fahrlässig oder vorsätzlich gemacht hat."

Vorwürfe sind nicht neu

Die Vorwürfe sind keine neuen: Unrichtige Ad-hoc-Meldungen und marktbeeinflussende Rückkäufe. Aus Sicht von Poduschka fungierte die Meinl Bank als "Drehscheibe" für die Anlegergelder, die für die umstrittenen MEL-Rückkäufe verwendet wurden. Das Geldhaus habe ja auch ein Motiv gehabt. "Ansonsten wäre die Platzierungsgarantie der Meinl Bank schlagend geworden und die Meinl Bank selbst wäre verpflichtet gewesen, die nicht vom Markt aufgesogenen Zertifikate aufzukaufen. Dies hätte korrekterweise mit einer Ad-hoc-Meldung auch bekanntgegeben werden müssen, was zu einem sofortigen Kursverfall geführt hätte.

Aufgrund fehlender Eigenkapitalausstattung hätte die Bank dies nur 'überlebt', wenn die Eigentümerfamilie Meinl zugeschossen hätte", argumentiert der Advokat. Und: Im Placement- und Market-Maker-Agreement, das in deutscher Übersetzung erst seit kurzem vorliege, sei ausdrücklich geregelt, dass die Bank sämtliche Mitteilungen für die MEL zu verfassen habe.

Marktmanipulation

Poduschka verweist auch auf einen Entscheid des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) von vorigem Jahr, mit dem MEL-Pflichtmitteilungen rund um die Kapitalerhöhung und den Rückkauf 2007 als Marktmanipulation deklariert wurden. Drei damalige MEL-Manager waren wegen der irreführenden Ad-hoc-Aussendungen zu einer Geldstrafe verdonnert worden.

"Die Richter werden sich jetzt hoffentlich mit den neuen Argumenten auseinandersetzen", sagte Poduschka. Die Meinl Bank indes sieht sich als falsche Adressatin für die Klage, zumal die 70 Anleger ihre Papiere nicht einmal bei ihr gekauft hätten, wie ein Sprecher auf APA-Anfrage sagte. Denn "alle relevanten Institutionen, die sich mit diesem Thema beschäftigen - insbesondere die Jersey Financial Services Commission (JFSC) - vertreten die Rechtsposition der Meinl Bank". Man habe sich als Dienstleisterin für die MEL immer im Rahmen des Rechts bewegt, so das Geldhaus erneut. (APA, 22.5.2012)