Berlin  - Griechenland kann nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Thomas Mayer notfalls mit einem finanzpolitischen Kniff einen Austritt aus dem Euro umgehen. Dies könne mit der Ausgabe von Schuldscheinen gelingen, schlug der Ökonom vor. Mit dieser Parallelwährung, kurzerhand "Geuro" genannt, könne der klamme Staat dann zumindest seinen Verpflichtungen nachkommen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) und die anderen Euro-Länder Hellas weiter unterstützten - wenn auch in geringerem Umfang.

Denkbar sei etwa, dass nur noch Gelder überwiesen würden, die für den Schuldendienst Griechenlands benötigt würden. Mayer, der sein Szenario den "Weg des geringsten Widerstandes nennt", hält es in diesem Fall für möglich, dass weitere Finanzhilfen für die Regierung in Athen gestoppt würden. Allerdings wäre es nötig, dass die angeschlagenen griechischen Geldinstitute in einer europäischen "Bad Bank" aufgefangen würden. Sie könnten sich in diesem Planspiel über Forderungen an den europäischen Rettungsschirm EFSF rekapitalisieren. Ein wichtiger Nebeneffekt: Die Einlagen der dann de facto unter EU-Kuratel stehenden Banken könnten garantiert werden. Mit diesem Manöver dürfte es nach Ansicht des Volkswirts gelingen, dass viele verschreckte Kontobesitzer neues Vertrauen fassen und ihr zuvor aus Furcht vor dem Euro-Austritt abgehobenes Erspartes wieder zur Bank tragen.

Mit der Ausgabe von Schuldscheinen könnte die Regierung in Athen laut Mayer gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits würde der Euro-Austritt vermieden, andererseits wäre de facto eine Anpassung des Wechselkurses möglich. "Anfangs dürfte es zu einer massiven Abwertung kommen", schreibt Mayer. Die Regierung habe es dann aber in der Hand, das Land mit Strukturreformen zu stabilisieren und damit die Tür für eine vollständige Rückkehr zum Euro offenzuhalten. (APA/Reuters, 22.5.2012)