Mandalay - Nach Demonstrationen gegen Stromausfälle sind in Burma am Dienstag mehrere Mitglieder der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi festgenommen worden. Die rund zehn Parteimitglieder wurden nach einem Verhör jedoch wieder freigelassen, wie ein Parteisprecher sagte. In der zweitgrößten Stadt Mandalay waren Montagabend rund 1500 Menschen gegen stundenlange Stromabschaltungen auf die Straße gegangen.

Die Polizei habe die festgenommenen Oppositionspolitiker "gut behandelt" und sie nach der Befragung gleich wieder freigelassen, sagte der Abgeordnete und Parteisprecher Ohn Kyaing der Nachrichtenagentur AFP.

In Mandalay gibt es am Tag manchmal nur vier Stunden Strom. Die Demonstranten werfen den Behörden vor, zulasten der Bevölkerung Strom nach China zu exportieren. Bereits am Sonntag hatten sich rund 1000 Menschen an einer Protestkundgebung beteiligt. Es waren die größten Demonstrationen seit den Massenprotesten unter der Führung buddhistischer Mönche im September 2007 in Rangun, die von der Militärregierung gewaltsam niedergeschlagen worden waren.

Stromrationierungen in der Trockenzeit

Die Regierung bat die Bevölkerung am Dienstag um Verständnis für die Stromrationierung. In der Trockenzeit werde mehr Energie verbraucht als produziert, daher müsse Strom gespart werden, hieß es in einer Erklärung des Elektrizitätsministeriums, die von der Staatszeitung "New Light of Myanmar" abgedruckt wurde. Es seien aber neue Kraftwerke geplant. Auf die Demonstrationen ging das Ministerium in der Erklärung nicht direkt ein.

Nachdem Burma über Jahrzehnte von einer Militärjunta regiert wurde, war vor einem Jahr eine formal zivile Regierung unter dem neuen Staatschef Thein Sein eingesetzt worden, die erste Schritte zur Öffnung des Landes einleitete. Politische Gefangene wurden entlassen, Anfang Mai zog Suu Kyi, die zuvor jahrelang unter Hausarrest stand oder in Haft saß, ins Parlament ein.

Bei ihrer ersten Auslandsreise seit 24 Jahren wird die Friedensnobelpreisträgerin im kommenden Monat auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf besuchen. Wie ILO-Chef Juan Somavía mitteilte, wird Suu Kyi am 14. Juni eine Rede bei der Jahreskonferenz der ILO halten. Es wäre seinen Angaben zufolge ihre erste Rede im Ausland überhaupt.

Nur zwei Tage später wird Suu Kyi in Oslo ihre Nobelpreisrede halten - mehr als zwei Jahreszehnte nach ihrer Auszeichnung. Der Friedensnobelpreis war ihr 1991 wegen ihres friedlichen Einsatzes für die Demokratie in ihrer Heimat in Abwesenheit verliehen worden. Seinerzeit stand sie in Burma unter Hausarrest. Ihr britischer Ehemann und ihre Söhne nahmen damals den Preis an ihrer Stelle entgegen. (APA, 22.5.2012)