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Demonstration gegen Assad nahe Idlib. Die Aufnahme stammt vom 4. Mai.

Foto: REUTERS/Handout

Damaskus/Beirut/Berlin - Auf dem Papier bekennen sich die Konfliktparteien in Syrien zu einer Waffenruhe, aber kein Tag vergeht ohne Gewalt und Blutvergießen. Bei Kämpfen zwischen syrischen Regierungstruppen und bewaffneten Aufständischen sind am Dienstag nach Angaben von Aktivisten nahe der türkischen Grenze mindestens 18 Soldaten getötet worden. Deutsche Konfliktexperten zeigen sich wenig optimistisch, dass ein UNO-Friedensplan Chancen auf Erfolg hat.

Das am Dienstag veröffentlichte gemeinsame Gutachten der vier großen deutschen Friedensforschungsinstitute gibt dem Plan des UNO-Sondergesandten Kofi Annan kaum noch Chancen. Projektleiter Bruno Schoch sagte bei der Vorstellung des Gutachtens in Berlin: "Spätestens, wenn UNO-Soldaten getötet werden, ist der Plan gescheitert. Ich bin nicht sehr optimistisch." Der Plan gleiche einem "Strohhalm", an den sich die internationale Gemeinschaft klammere, heißt es in dem Papier.

Trotz andauernder Gewalt hatten Regierung und Opposition in Syrien zuvor versichert, am UNO-Friedensplan festhalten zu wollen. Nach einer Mitteilung der Vereinten Nationen hatten sich Vertreter der Konfliktparteien mit UNO-Untergeneralsekretär Herve Ladsous in Homs sowie in Damaskus getroffen. "Während des Treffens in Homs versicherten beide Seiten, am Sechs-Punkte-Plan des UNO-Sondergesandten Kofi Annan festzuhalten", hieß es. Im UNO-Auftrag ist derzeit in Syrien eine internationale Beobachtermission im Einsatz.

Willkürliche Festnahmen

Nur wenige Stunden später waren am Stadtrand der Hauptstadt Damaskus die Einschläge von Artilleriegranaten zu hören. Aktivisten vermeldeten zudem willkürliche Festnahmen in der Vorstadt Duma. Diese ist ein Zentrum der Bürgerproteste gegen das Regime von Präsident Bashar al-Assad. Die Berichte können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden, weil die Behörden kaum Medien im Land arbeiten lassen.

In Al-Busaria in der ost-syrischen Provinz Deir az-Zawr  sollen unterdessen syrische Polizisten unter den Augen von UNO-Beobachtern in eine jublende Menschenmenge geschossen haben und zwei Personen getötet haben. Ein Oppositionsvertreter berichtete, dass Hunderte begeisterte Menschen aus ihren Häusern gestürmt, um die UNO-Beobachter zu begrüßen. "Binnen Minutenfrist gerieten sie ins Feuer", sagte der Sprecher der überwiegend aus Deserteuren gebildeten Freien Syrischen Armee (FSA). Andere Informanten aus der Opposition sagten, die Regierungstruppen hätten mit Flugabwehrraketen in die Stadt geschossen. Laut FSA verließen die UNO-Beobachter die Ortschaft unmittelbar nach dem Zwischenfall. Eine Bestätigung der Angaben aus unabhängiger Quelle war auch hier zunächst nicht zu erhalten. Al-Busaira ist eine der Städte und Ortschaften in der Region, die von den Rebellen kontrolliert werden. Sie wurden in den vergangenen Monaten wiederholt von Regierungstruppen beschossen. In Syrien sind derzeit 257 UN-Beobachter im Einsatz, die die Einhaltung der seit April geltenden Waffenruhe kontrollieren sollen.

Seit mehr als 14 Monaten verlangt eine zivile Protestbewegung den Rücktritt des autoritären Assad-Regimes. Die Sicherheitskräfte unterdrückten die friedlichen Kundgebungen immer wieder mit brutaler Gewalt. Seit mehreren Monaten ist aber auch ein bewaffneter Widerstand aktiv, der sich zum Teil aus Armee-Deserteuren rekrutiert. Die Deserteure greifen immer wieder Kontrollpunkte und Streifen der Sicherheitskräfte an. Nach Schätzungen der UN kamen seit März 2011 in Syrien mehr als 10.000 Menschen ums Leben. Die syrische Opposition spricht von mehr als 12.000 Toten. (APA, 22.5.2012)